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Polizei plant „D-Day“ in Stuttgart

11.11.11 (Stuttgart) Autor:Niklas Luerßen

Im Stuttgarter Polizeipräsidium wird der sogenannte D-Day geplant. 9000 Polizisten sollen anrücken, wenn der Südflügel des Hauptbahnhofs und Bäume im Schlossgarten fallen. Das ganze Areal soll mit einem massiven Zaun abgeriegelt werden, damit die Abriss- und Abholzarbeiten zeitgleich und ungestört vonstatten gehen können. Die Polizei selbst spricht von „gigantischen Sicherheitsmaßnahmen“, die notwendig seien, weil sie „mit allem“ rechnen müsse.

Bei den Grünen in Baden-Württemberg wächst die Verärgerung über bekanntgewordene Pläne der Polizei. Nachdem bereits Pläne über Polizeicontainer auf den Cannstatter Wasen für Furore gesorgt hatten, wo bis zu 200 Demonstranten in Gewahrsam genommen werden können, gibt es nun Berichte über einen „D-Day“. Der beinhaltet, dass 9000 Einsatzkräfte und ein massiver Zaun das Areal um den Stuttgarter Hauptbahnhof abriegeln sollen. „Es kann nicht nur das Baurecht der Bahn geschützt werden. Es müssen auch das Demonstrationsrecht und die Versammlungsfreiheit geschützt werden“, kommentierte der grüne Landeschef Chris Kühn diese Pläne.

Ein Stab der Polizei von 40 Personen plant derzeit verschiedene Szenarien, falls das Projekt Stuttgart 21 fortgesetzt wird, denn dann stehen Abriss des Südflügels und Fällen vieler Bäume im Mittleren Schlossgarten auf der Agenda. Beides soll in einem Rutsch und bis spätestens zum 29. Februar geschehen, da zwischen dem 1. März und 30. September die sogenannte Vegetationsperiode herrscht, in der keine Bäume gefällt werden dürfen. Die 9000 Polizisten sind dabei in einem Dreischichtensystem von je 3000 Polizisten im Einsatz, dieser Einsatz würde vermutlich einen zweistelligen Millionenbetrag kosten. Woher das Geld kommt, weiß man selbst im Präsidium nicht zu erläutern und verweist auf das SPD-geführte Innenministerium, das alles abgesegnet hat. „Es ist halt da“, heißt es lapidar in der Hahnemannstraße.

Der Stuttgarter Polizeipräsidiumssprecher Stefan Keilbach dementiert diese Pläne nicht direkt: „Da stecken sicherlich Erkenntnisse drin, die nicht ganz weit hergeholt sind“. Er betonte allerdings, dass es „eine Vielzahl an verschiedenen Planungen und Variationen“ gebe, da man noch nicht wisse, was nach der Volksabstimmung am 27. November tatsächlich passieren wird. Auch bei den Sozialdemokraten existiert noch verhaltene Zurückhaltung. Nach dem Sprecher des Innenministeriums kenne man noch keine konkrete Pläne, zwar gebe es Vorbereitungen für den Fall des Weiterbauens, aber man könne natürlich nicht in die Glaskugel schauen.

Bei den Grünen stellt man sich noch auf die Position, keinen Einfluss auf die Polizeiarbeit nehmen zu wollen. „Die alte Landesregierung hat sich in Polizeistrategien eingemischt. Das halte ich persönlich für einen Fehler“, sage Kühn. Doch ist er über den Planungsnamen „D-Day“ nicht sehr erbaut, da dieser historisch für den Stichtag militärischer Operationen stehe, wie etwa in der Normandie 1944. „Ich habe die Befürchtung, wenn dieser Begriff benutzt wird, dass die Pläne an der Realität vorbeigehen. Die Bürgerbewegung ist schließlich immer friedlich gewesen. Wer den Begriff im Kopf hat, kann nur die Fehler vom 30.9. wiederholen“. Damals gab es einen massiven Polizeieinsatz im Schlossgarten, wo Wasserwerfer mit Reizgas, Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt und über 400 teils schwer Verletzte Personen zu beklagen waren, darunter ein Rentner, der auf einem Auge ganz blind wurde und auf dem anderen heute nur noch 8% Sehkraft besitzt; er bekam kürzlich den Georg-Elser-Preis.

Zum Vergleich des geplanten Polizeieinsatzes von 9000 Beamten – punktuell an einer Baustelle!: In Afghanistan sind zur Zeit etwa 5000 Bundeswehrsoldaten stationiert und bei Castortransporten sind etwa 18000 Polizeibeamte im Einsatz – deutschlandweit!

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