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KVG feiert Netzerweiterung nach Vellmar

23.10.11 (Hessen) Autor:Sven Steinke

Am 22. Oktober 2011 nahm die Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) feierlich das neue vier Kilometer lange Teilstück der Linie 1 zwischen den Stationen Holländische Straße und Vellmar Nord in Betrieb. Die Linie fährt damit jetzt über die Stadtgrenze von Kassel hinaus, mitten durch die Nachbarstadt Vellmar mit ihren knapp 20.000 Einwohnern. Bisher mussten Fahrgäste nach Vellmar an der Haltestelle Holländische Straße in Busse umsteigen um in Vellmars Stadtzentrum zu gelangen.

Eine mit Blumen geschmückte Bahn der Regionalbahn Kassel (RBK) startete pünktlich um 10:30 Uhr zur Jungfernfahrt. Mit an Bord waren Vertreter aus Politik und Wirtschaft, sowie Bürger der Stadt Vellmar die am 22. Oktober ihren Jahrestag feiern. Hessens Verkehrsminister Dieter Posch, Vellmars Bürgermeister Dirk Stochlar, Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen, KVG-Vorstand Dr. Thorsten Ebert und Klaus-Peter Güttler, Geschäftsführer des Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV) durchtreten das rote Schleifenband und gaben damit die Strecke für die Premierenfahrt frei. Mit unter den Gästen war auch der frühere KVG-Vorstand Professor Rainer Meyfahrt, der die neue Trasse planerisch und politisch auf den Weg gebracht hatte.

Der neue 4,1 Kilometer lange Abschnitt mit seinen acht Haltestellen wurde in mehr als zwei Jahren Bauzeit unter Leitung der KVV Bau- und Verkehrs-Consulting errichtet. Die Kosten belaufen sich mit dem Umbau der Wendeschleife an der früheren Endhaltestelle Holländische Straße auf insgesamt 37,7 Millionen Euro. Den Löwenanteil mit rund 28,6 Millionen Euro trägt das Land Hessen, danach folgen die Stadt Vellmar und die KVG mit jeweils rund vier Millionen Euro. Den Restbetrag teilen sich der NVV und die Stadt Kassel.

Besonderheit an der neuen Trasse ist das 1,5 Kilometer lange Teilstück entlang der B 7. Hier fahren die Bahnen im Linksverkehr zwischen den beiden Fahrbahnen, da die begrenzten Platzverhältnisse nur Mittelbahnsteige zu ließen und ein Großteil der KVG-Fahrzeugflotte nur über Türen auf der rechten Seite verfügt. Die größte Steigung besitzt die neue Strecke mit sieben Prozent kurz nach der Querung der B 7 zur Haltestelle Dörnbergstraße. Anschließend verläuft die Strecke mitten durch den Stadtkern von Vellmar zur Endhaltestelle Vellmar Nord. Hier außerhalb der Stadt stehen ein großer P-R Parkplatz mit 100 Stellplätzen und Busanschlüsse zur Verfügung. Während der Hauptverkehrszeit werden hier bis zu sieben Bahnen pro Stunde abfahren. Sonst fahren die Bahnen im Viertelstundentakt, samstags abends und sonntags im Halbstundentakt.

Auf dem anschließenden Festakt an der Ahnatalschule nahe der Haltestelle Stadtmitte sagte Hessens Verkehrsminister Dieter Posch, dass er auf viel Zuspruch der erweiterten Linie 1 hoffe, damit der Kostendeckungsgrad im neuen Linienabschnitt möglichst hoch ausfällt. Aufgrund der attraktiven Direktverbindung nach Kassel mit kurzen Fahrzeiten sieht der Minister allerdings keinen Zweifel, dass die Verbindung von den Bürgern rege benutzt wird. Posch betonte mehrfach, dass man den Bürgern mit der Finanzierung des Betriebes und des Streckenneubaus einen Teil ihrer Steuergelder zurück gäbe.

Das Land Hessen habe von 2002 bis 2010 mehr als 320 Millionen Euro in die nordhessische Verkehrsinfrastruktur investiert, davon mehr als die Hälfte in den öffentlichen Nahverkehr, wie beispielsweise die Lossetalbahn oder die Kurhessenbahn. Nordhessen sei durch seine Verkehrspolitik die nicht nur auf die Ballungszentren, sondern auch auf den ländlichen Raum gerichtet ist, international eine viel beachtete Musterregion, bilanzierte Posch.

Der neue Streckenabschnitt nach Vellmar ist ein weiterer Schritt zur Verbindung des Kasseler Straßenbahnnetzes mit den umliegenden Städten und Gemeinden. Nachdem Ende der Siebziger in den politischen Gremien Pläne zur Stilllegung des Straßenbahnnetzes laut wurden, regte sich in der Bevölkerung großer Widerstand. Ein Wechsel der politischen Mehrheitsverhältnisse in der Stadt Kassel führte letztlich dazu, dass das Netz modernisiert und ausgebaut wurde.

In den Neunzigern begannen dann erste Erweiterungen in die umliegenden Städte nach Karlsruher Vorbild. So wurde die nicht mehr im Nahverkehr benutzte Strecke der Kassel-Naumburger Eisenbahn teilweise mit Gleichspannung elektrifiziert und bis Baunatal Großenritte in das Straßenbahnnetz aufgenommen. Ebenso wurde die Waldkappler Bahn bis Hessisch Lichtenau in das Netz integriert. Im Bereich der Gemeinde Kaufungen entstand hier eine neue Schleife die mitten durch den Ortskern von Oberkaufungen führt. Die 1985 im Personenverkehr eingestellte Verbindung Kassel – Eschwege hielt nur am Bahnhof abseits des Ortskerns.

Mitte des neuen Jahrtausends wurde dann der neue Tunnel unter dem Hauptbahnhof in Betrieb genommen. Damit können die Zweisystemfahrzeuge der RegioTram-Linien von den Eisenbahnstrecken aus dem Umland in die Innenstadt von Kassel fahren. Heute fahren die Linien nach Hofgeismar, Wolfhagen, Melsungen und Treysa. Ab Dezember 2012 soll die Linie nach Treysa nicht mehr von RegioTrams bedient werden. Die anderen Linien fahren dafür dann im Halbstundentakt.

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