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Die vier Feinde der Bahn

05.10.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

In Bahnerkreisen, aber auch in der Bevölkerung wird kolportiert, die Bahn habe vier Feinde, Frühling, Sommer, Herbst und Winter. In diesem Jahr blieben wir Kunden glücklicherweise von nennenswerten Ausfällen der Klimaanlagen verschont, Petrus sei Dank. Der Sommer 2011 war eher ein milder Winter. Doch nun haben wir Herbst, zumindest astronomisch begann er am 23. September 2011. Die Ernte ist eingebracht, nun fallen die Blätter und bilden mit dem Regen einen Schmierfilm auf den Gleisen. In wenigen Wochen, genau am 22. Dezember 2011 beginnt der Winter. Und wenn wir da an den letzten Winter 2010/2011 denken, wird uns Kunden Angst und Bange. Ist die Bahn darauf vorbereitet, den Angriff der Natur abzuwehren?

Die Bahn sagt ja, wenn auch mit Einschränkungen. Nach wie vor fehlen im täglichen Betrieb 18 ICE-Züge, die nach Anweisung des Eisenbahnbundesamtes häufiger zu Ultraschalluntersuchungen in die Werkstatt müssen. Das ist zehn mal mal so viel, wie vom Hersteller vorgesehen. Diese Züge fehlen im täglichen Umlauf. Auch die Lieferung von 16 neuen ICE-3 Zügen von Siemens verspätet sich. Zudem gibt es seit Längerem erhebliche Verzögerungen bei der Auslieferung von 178 Nahverkehrstriebwagen des Typs Talent 2 von Bombardier.

Dennoch gibt sich die Bahn optimistisch. Allein in diesem Jahr investiert der Konzern über 70 Millionen Euro zusätzlich, bis 2015 werden es insgesamt rund 300 Millionen Euro sein. Ziel ist eine nachhaltige Steigerung der Fahrzeug- und Infrastrukturverfügbarkeit – gerade auch bei extremer Witterung. „Wir wollen unseren Kunden auch bei starken Wintereinbrüchen einen zuverlässigen und planbaren Zugverkehr bieten“, erklärte Ulrich Homburg, DB-Vorstand Personenverkehr. „Daneben wollen wir vor allem im Störfall unsere Kunden besser informieren und betreuen.“ Dazu hat die DB inzwischen unter anderem mehr als 2.000 dynamische Schriftanzeiger (DSA) auf den Bahnhöfen installiert, mit denen Kunden informiert werden, falls es zu Abweichungen vom Fahrplan kommt.

Das Sorgenkind bei herabfallenden Herbstlaub, die Baureihe ET 423 der S-Bahnen wurden mit neuen Besandungsanlagen und neuer Software nachgerüstet, um auch auf durch Herbstlaub rutschigen Schienen optimal bremsen zu können. Außerdem hat die DB ein neues Verfahren zur Schienenreinigung entwickelt, um besonders rutschige Streckenabschnitte schneller wieder passierbar zu machen. Dazu sollen in den Nachtstunden Spezialfahrzeuge im Einsatz sein, die mit Hochdruckreinigern die Schienenköpfe von Laub und Schmierfilm befreien. Auch auf diese Weise soll der Fahrplan stabiler werden.

Außerdem hat die DB mittlerweile in sechs Fernverkehrswerken bundesweit – München, Frankfurt (Main), Köln, Dortmund, Hamburg und Berlin – Enteisungsanlagen eingerichtet, um das Abtauen der Züge zu beschleunigen. Eine Enteisung der Fahrzeuge ist unerlässlich, damit die Züge anschließend gewartet werden können. Auch im Nahverkehr wurden mehr Abtaukapazitäten bundesweit aufgebaut. Insgesamt stehen in diesem Winter zusätzlich zu den Werkshallen acht Abtauzelte zur Verfügung, 200 neue Heizlüfter wurden angeschafft und 13 Außenreinigungsanlagen mit Abtauanlagen nachgerüstet.

In der Infrastruktur gibt es technische Verbesserungen bei der Weichen- und Signaltechnik. So wurde die Zahl der beheizten Weichen um rund 700 auf jetzt knapp 48.000 gesteigert. Alle Weichen auf Strecken mit fahrplanmäßigem Personenverkehr haben damit eine Weichenheizung. Die Antriebe von rund 1.200 Weichen an besonders sensiblen Stellen werden mit zusätzlichen Abdeckungen versehen, um sie widerstandsfähiger gegen Schneeverwehungen und von Fahrzeugen herabfallende Eisbrocken zu machen.

Zudem hat die DB sämtliche Verträge mit Firmen für das Schneeräumen von Bahnsteigen neu abgeschlossen. Im Ergebnis sind insgesamt mehr Schneeräumkräfte im Einsatz. Mit Winterbeginn stehen bundesweit rund 600 Mitarbeiter zusätzlich in Bereitschaft, um wetterbedingte Störungen schneller beseitigen zu können. Rund 6.000 Schneeräumkräfte sorgen in zwei Schichten dafür, dass insbesondere Weichen nach Schneefall und Eisbildung schneller wieder in Betrieb gehen. Ein GPS-gestütztes Meldesystem erlaubt jederzeit eindeutige Rückmeldungen über den Räumzustand von Bahnsteigen und verbessert die Disposition der Schneeräumkräfte.

Trotz aller in Angriff genommenen Maßnahmen und Planungen, hoffen wir nicht, dass sie auch notwendig sein werden. Wenn doch, so wollen wir hoffen, das sie auch ihre Wirkung entfalten und einen geregelten Zugbetrieb gewährleisten.

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