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NordWestBahn: Neuer Tarifvertag, aber dennoch Zugausfälle

22.09.11 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Die NordWestBahn hat zufriedene, aber zu wenige MitarbeiterDie NordWestBahn gehört zu den größten privaten Schienenverkehrsanbietern im deutschen Regionalverkehr und ist von der Nordsee bis an den Niederrhein mit blau-gelben Zügen präsent. In diesen Tagen vereinbarte man mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) einen neuen Tarifvertrag ab, der zwar an den Branchentarifvertrag angepasst wurde, jedoch weit darüber hinaus geht.

Erst im vergangenen Jahr erhielt man Sozialzertifikat des gewerkschaftsnahen Vereins Mobifair e.V., der einen vorbildlichen Umgang mit den Arbeitnehmerinteressen bescheinigt. Das wird sich jetzt noch verbessern. Geschäftsführer Hansrüdiger Fritz: „Der neue Haustarifvertrag garantiert allen Kolleginnen und Kollegen ein Lohnplus von mindestens drei Prozent, im Bereich des Schichtdienstes ergeben sich durch Zulagen sogar Gehaltssteigerungen von bis zu neun Prozent. Mit unseren vorbildlichen Sozial- und Gehaltsleistungen sehen wir uns gut gerüstet, weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für uns zu gewinnen.“

Und Personal braucht man. Die NordWestBahn stellt an verschiedenen Standorten Lokomotivführer und Zugbegleiter, aber auch ortsfeste Eisenbahner ein; sowohl ausgelernte Leute als auch zur Ausbildung. Ein Bildungsgutschein oder sonst eine Fremdfinanzierung ist dabei keine Voraussetzung. Seit dem Markteintritt im Jahr 2000 ist das Unternehmen kontinuierlich gewachsen und wurde 2006 auch im VRR aktiv. In Nordrhein-Westfalen ist man neben Abellio und der Eurobahn einer der drei großen Privatanbieter im SPNV.

Neue Mitarbeiter sind dabei auch notwendig: In letzter Zeit gab es immer wieder Zugausfälle wegen fehlender Lokomotivführer. Der Facharbeitermangel macht auch vor dem SPNV nicht Halt. Doch für Pendler, die verlässlich zur Schule, zur Arbeit, zur Ausbildung oder Hochschule müssen, nutzt das nichts. Bereits mehrfach ist seit dem Ende der Sommerferien die RB 45 (Der Coesfelder) morgens ausgefallen, viele Schüler des Gymnasiums in Maria Veen kamen daher zu spät zum Unterricht.

Das Problem ist dem Unternehmen nicht unbekannt. „Die noch immer andauernde Urlaubszeit und eine sehr, sehr dünne Personaldecke sorgen dafür, dass wir überhaupt keine Reservelokführer mehr am Standort Dorsten haben. Wenn sich morgens jemand kurzfristig krank meldet, dann stehen wir nur vor der Wahl, eine der Linien des Emscher-Münsterland Netzes ausfallen zulassen, d. h. RE 14 nach Essen, RB 45 nach Coesfeld oder RB 43 nach Dortmund. Wichtig bei dieser schnellen Entscheidung ist stets, die Auswirkungen für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten. In den letzten Wochen war die RB 45 nach Coesfeld drei Mal kurz hintereinander betroffen. In dieser Woche hat es doch keinen einzigen Ausfall im Schülerverkehr gegeben.“, sagt Unternehmenssprecherin Katrin Hofmann.

Auch der VRR ist informiert. Sprecherin Sabine Tkatzik: „Das Problem ist in unserem Hause bekannt, allerdings erhalten wir keine tagesaktuellen Liefernachweise, so dass uns die Ausfallzahlen nur bis einschließlich Juli vorliegen. Wir sind im Gespräch mit den betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen, nicht nur mit der NordWestBahn.“

Zugausfälle, so sie nicht unter höhere Gewalt fallen, liegen im Verantwortungsbereich des Verkehrsdienstleisters. Tkatzik: „Unsere Aufgabe ist die Daseinsvorsorge für die Menschen in der Region und deswegen sind wir seit längerem im Gespräch mit unseren Vertragspartnern, um diese Probleme zu lösen. Ein möglicher Ansatz wäre die Verpflichtung von Leihlokführern, um kurzfristig für mehr Verlässlichkeit zu sorgen.“

Denn es ist es natürlich kein hinnehmbarer Zustand, wenn nur dauerhafte Mangelverwaltung stattfindet und man sich entscheiden muss, welcher Zug fährt und welcher nicht. Hofmann: „Aus diesem Grund werden wir gemeinsam mit unseren Partnern im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr kurzfristige Lösungen suchen. Eine Idee wäre, so es denn kurzfristig möglich ist, einen Busverkehr einzurichten, der die Schülerinnen und Schüler direkt zur Schule bringt.

Den Vorteil, den mittelständische Privatbahnen bieten, ist dass sie unkompliziert mit Betroffenen zusammenarbeiten. „Wir versuchen auch, so gut es geht den Kontakt mit der Schule zu halten, damit die Eltern rechtzeitig informiert werden können, um Fahrgemeinschaften oder ähnliches zu organisieren. Hier besteht jedoch das Problem, dass die meisten Zugausfälle durch sehr kurzfristige Krankmeldungen entstehen, die nicht mehr aufgefangen werden können und zu einer nachtschlafenden Zeit abgesetzt werden, zu der das dortige Schulsekretariat noch nicht besetzt ist, um einen Rundruf zu starten.“, so Katrin Hofmann.

Besonders problematisch in diesem Fall jedoch die Fahrgastinformation. Viele der Stationen rund um Dorsten haben nur die Kategorie 6 oder 7, so dass nicht einmal Ansagen möglich sind. Die Fahrgäste – nicht nur Schulkinder – stehen buchstäblich im Regen. Ein Schuh, den sich die Deutsche Bahn als Infrastrukturbetreiber anziehen muss.

Bild: NordWestBahn

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