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Mobifair sieht „klare Rechtslage“ für Tariftreuestandards

29.09.11 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Verein Mobifair e.V., der sich für die Arbeitnehmerinteressen in einem liberalisierten Verkehrsmarkt einsetzt, sieht eine ausreichende Rechtslage für Tariftreuestandards in kommenden Ausschreibungen des deutschen Regionalverkehrs auf der Schiene. Eine entsprechende Broschüre wurde jetzt herausgegeben, um den Aufgabenträgern Hilfestellung zu leisten.

Mobifair ist der Auffassung, dass sowohl die EU-Verordnung 1370-07 als auch die nationale Gesetzgebung ausreicht, um Tariftreueklauseln gerichtssicher in die Ausschreibungen reinzuschreiben. Erstellt wurde sie gemeinsam mit Rechtsanwalt Wolfgang Trautner, Lehrbeauftragter für Vergaberecht an der Technischen Hochschule Mittelhessen.

Mobifair-Geschäftsführer Helmut Diener: „Die Rechtslage ist völlig klar. Bei Ausschreibungen können die Vergabestellen die Zahlung bestimmter Tarife wie zum Beispiel den Branchentarifvertrag zur Verpflichtung machen. Alle anderen Argumentationen sind falsch. Es geht also doch.“

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) ist da beispielsweise anderer Meinung. Der größte SPNV-Besteller der Europäischen Union sieht keinen ausreichenden Rechtsrahmen und verzichtete bislang auf Tariftreueklauseln in den Ausschreibungen, weil man befürchtete, die Vergabe nicht rechtssicher genug auszugestalten.

„Der VRR hat unter Abwägung der rechtlichen Risiken und der zu erwartenden hohen Kosten im Nachprüfungsverfahren zunächst von der Forderung von Tariftreueerklärungen – auch im Sinne der haushaltsrechtlichen Verpflichtung zu Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – abgesehen“ heißt es in einem Schreiben der VRR-Geschäftsführer Martin Husmann und Klaus Vorgang an Mobifair-Geschäftsführer Helmut Diener, das dem Eisenbahnjournal Zughalt.de vorliegt.

Statt dessen sieht man hier den Gesetzgeber in der Pflicht. Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat in ihrem Koalitionsvertrag die Einführung eines Tariftreuegesetzes vereinbart, das bislang jedoch nicht eingeführt worden ist. „Ein solches ist aus unserer Sicht für die Forderung von Tariftreueerklärungen aus Gründen der Rechtssicherheit zwingend erforderlich.“

Seit dem Amtsantritt der heutigen Landesregierung im Frühjahr 2010 gab es zahlreiche Vergabeverfahren im SPNV. Die Dieselnetze Köln, Ostwestfalen und Westmünsterland, die Haardachse und die Ost-West-S-Bahnlinien S 5 und S 8 wurden bzw. werden ohne eine solche Regelung vergeben. Noch in diesem Jahr werden weitere Ausschreibungen folgen, vermutlich auch ohne Tariftreuegesetz.

Diese politischen Versäumnisse der rot-grünen Landesregierung werden vom sozialdemokratisch geprägten Verein Mobifair jedoch nicht thematisiert. Kritik wird ausschließlich an den Aufgabenträgern geübt. Sowohl NVR-Chef Norbert Reinkober als auch VRR-Chef Martin Husmann sind in der CDU.

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