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Der neue Nahverkehr in NRW: Mehr Licht als Schatten

11.09.11 (Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Die seit 2009 beschlossenen Veränderungen im nordrhein-westfälischen SPNV stehen vor dem Abschluss: Bereits seit fast zwei Jahren fahren die S-Bahnen in einem neuen Liniensystem, die Triebzüge vom Typ ET 422 haben (mit Ausnahme der Linien S 6 und S 68) die veralteten x-Wagen ersetzt, die Linie RE 11 fährt im Stundentakt und es gibt eine neue Direktverbindung zwischen der früheren westfälischen Provinzialhauptstadt Münster und der heutigen Landeshauptstadt Düsseldorf.

Die Linien RE 2 und RE 11 haben ihre Abschnitte südwestlich von Duisburg getauscht. Der RE 11 fährt jetzt stündlich von Mönchengladbach nach Hamm, während der RE 2 aus Münster kommend von Duisburg nach Düsseldorf verkehrt. Die Fahrplanlagen der Linien RE 2 und RB 42 sind zwischen Essen und Münster um jeweils etwa eine halbe Stunde gedreht worden.

Durch den erstmaligen Stundentakt auf der im Dezember 2002 eingeführten Linie RE 11 hat sich auf der Ruhrgebietsachse zwischen Duisburg und Hamm insgesamt eine Verbesserung ergeben, obwohl die Kapazität leicht gesunken ist: Statt vier Doppeldeckerwaggons fahren zwei ET 425 in Doppeltraktion. Diese wurden umfangreich umgebaut und erhielten wesentlich bessere Sitze. Im Abschnitt Duisburg – Krefeld – Mönchengladbach kam es dadurch jedoch zu einer Kapazitätssenkung.

Durch die neue Fahrplanlage des RE 2 verlässt die Linie Düsseldorf wenige Minuten nach dem RE 6 und fährt bis Essen fast im Windschatten, so dass die Auslastung in diesem Abschnitt nicht optimal ist. Der RE 6 hat die Bahnsteige gerade abgeräumt, wenn der RE 2 seine Fahrt beginnt. Besonders gut nachgefragt ist die Linie jedoch nach wie vor im Recklinghäuser Bereich und im Süden des Münsterlandes. Viele Düsseldorf- und Ruhrgebietseinpendler haben sich dort niedergelassen und nutzen die Bahn, um zur Arbeit zu kommen.

Mit der Neuausschreibung der Haardachse mit Betriebsstart im Dezember 2014 sollte die die Linie RB 42 eigentlich zum Regionalexpress umgewandelt werden und bis Mönchengladbach fahren. Im Gegenzug war geplant, die Linie RE 11 wieder nach Düsseldorf zu schicken. Wegen Finanzierungsschwierigkeiten ist diese Zusatzleistung auf Dezember 2016 verschoben worden. Die neue Linie RE 42 wird dann in Laufweg und Fahrplanlage der alten Linie RE 2 entsprechen und die Linie RE 11 wird eine zusätzliche Leistung von Essen nach Düsseldorf bringen. Sie wird zwischen Hamm und Düsseldorf in etwa die Fahrplanlage erhalten, die sie bereits bis Dezember 2010 hatte.

In der jetzigen Situation hat man auf der Ruhrgebietsachse jedoch eine relativ starke Verkehrsbündelung. So fahren drei Züge innerhalb von 23 Minuten von Essen nach Düsseldorf. Danach ist 37 Minuten Pause und die Pendlermassen Richtung Düsseldorf warten auf den RE 1, der zudem schon voll ist mit Leuten, die bis Köln oder Aachen wollen. An diesem Punkt ist definitiv Nacharbeit erforderlich, um das ganze etwas zu Entzerren. Deswegen ist die Leistungsausweitung auf der Linie RB 42 so wichtig, um Richtung Düsseldorf Entlastung zu schaffen.

Allerdings wurde die Kapazität im Zulauf auf Düsseldorf erhöht: Die Linien RE 1 und RE 5 verkehren mit einem sechsten Doppeldeckerwaggon, um mehr Sitzplätze zu schaffen. Dafür wurden zahlreiche Lokomotiven der Baureihe 146 bei Bombardier in Henningsdorf mit stärkeren Motoren ausgestattet, um den Fahrplan halten zu können. Die Linie RE 2 verkehrt mit fünf Waggons, so dass auch hier mehr Platz zur Verfügung steht.

Durch die zusätzlichen Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten werden die Linien auch weniger verspätungsanfällig. Das ist gerade auf der stark ausgelasteten Ruhrgebietsstrecke ein großes Problem, da der Fernverkehr schon bei relativ kleinen Störungen von hinten aufläuft. Durch die zusätzlichen Kapazitäten zwischen Duisburg und Hamm wird das Problem entschärft. Der Abbau der Überholgleise in Wattenscheid vor einigen Jahren, als DB Netz mit Gewalt „börsenfähig“ gemacht werden sollte, war in diesem Zusammenhang jedoch kontraproduktiv.

Insgesamt hat sich der RE-Verkehr im Ruhrgebiet verbessert. Ja, es gibt Nachteile und Verschlechterungen, aber die Vorteile und Vorbesserungen überwiegen. Eine weitere Neuerung wird es voraussichtlich ab Dezember diesen Jahres geben: Ein Kurzpendel zwischen Düsseldorf und Köln wird eingeführt, den DB Regio NRW mit Silberlingen betreiben soll. Wie der WM-RE 3 im Sommer 2006 wird er über Dormagen und Neuss fahren und soll den Leverkusener Bereich entlasten. Bei der Neuvergabe des RE-Netzes in den nächsten Jahren wird diese Leistung auch auf zeitgemäße Züge umgestellt.

Neuerungen und Verbesserungen hat es auch bei der S-Bahn gegeben. So wurde die alte Linie S 7 aufgelöst und den Linien S 1 und S 11 zugeschlagen. Dadurch, dass die S 1 jetzt bis Solingen weiterfährt, muss sie nicht mehr im Düsseldorfer Hauptbahnhof wenden. Als Verspätungsherd wurde Düsseldorf somit entschärft. Die als Wendeanlage genutzten Abstellgleise befinden sich in der Ausfahrt Richtung Friedrichstadt, so dass die Linien S 8, S 11 und S 28 regelmäßig gestört wurden.

Die S 11 fährt über den Endpunkt Düsseldorf-Wehrhahn hinaus nun zum Terminalbahnhof am Düsseldorfer Flughafen. Somit ist dieser erstmals direkt mit dem Kölner Nordwesten und dem Rhein-Kreis-Neuss verbunden. Verstärkerleistungen in der Hauptverkehrszeit werden jetzt von der neuen Linie S 68 durchgeführt, die zum Berufsverkehr zwischen Wuppertal-Vohwinkel und Langenfeld im Rheinland verkehrt.

Die Linien S 6 und S 68 fahren nach wie vor mit veralteten x-Wagen und 143er-Lokomotiven aus DDR-Produktion. Das wird sich ab Dezember 2014 ändern, wenn die Linien S 5 und S 8 nach einer Ausschreibung neu vergeben werden. Die dort freigesetzten ET 422 kommen denn auf die S 6 und die S 68, so dass durchgängig modernes und zeitgemäßes Rollmaterial fahren wird.

Auf der anderen Seite hat es auch im S-Bahnbereich im Rahmen von Koch-Steinbrück Abbestellungen gegeben. Die S 5 fährt zwischen Witten und Hagen nur noch im Stundentakt und die S 8 verkehrt zwischen Wuppertal-Oberbarmen und Hagen nur noch im 20/40-Minutentakt. Eine Rücknahme dieser Leistungskürzungen ist auch im Rahmen der Neuvergabe nicht vorgesehen.

Auf der S 1 wurde der Studentenpendel zwischen Dortmund und Bochum ersatzlos gestrichen. Dieser Wegfall konnte jedoch durch die höheren Kapazitäten aufgefangen werden, die die ET 422 in Doppeltraktion im Vergleich zu einem Zug mit vier x-Wagen bieten.

Ein Problem stellt in diesem Zusammenhang allerdings die Linie S 4 dar, die verkehrlich gesehen als Teil der Dortmunder Stadtbahn zu betrachten ist. Für eine Doppeltraktion sind die Bahnsteige zu kurz und die Einzeltraktion hat für eine massive Kapazitätssenkung im Vergleich zu vier x-Wagen gesorgt. Eine Verlängerung der Bahnsteige wäre in Unna-Königsborn aufgrund der Weichenstruktur des dortigen Sackbahnhofes nur sehr schwer zu realisieren. Hier sind der VRR, die Stadt Dortmund und DB Regio NRW gefordert, kurzfristig für Abhilfe zu sorgen.

Insgesamt hat sich aber auch bei der S-Bahn das Verkehrsangebot verbessert. Gemessen an dem, was für eine Metropolregion wie Rhein-Ruhr angemessen wäre, ist es aber noch immer sehr, sehr dürftig. Deshalb ist der Rhein-Ruhr-Express als ein großer Baustein so wichtig für die Region. Hierfür müssen alle an einem Strang ziehen: Aufgabenträger, Verkehrsunternehmen, Landes- und Kommunalpolitik. Denn die Stellung der Eisenbahn im Wettbewerb der Verkehrsträger muss nachhaltig verbessert werden.

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