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Stuttgart 21: Deutlich weniger Demonstranten als erwartet

10.07.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

Am gestrigen Samstag (9. Juli) versammelten sich mehrere tausend Menschen, um gegen das umstrittene Großprojekt Stuttgart 21 zu demonstrieren. Während die Vorgabe zunächst „mindestens 50.000“ lautete kamen nach Angaben der Veranstalter nur 15.000 Besucher. Die Polizei will gar nur 7.000 gezählt haben. Deutlich weniger als im Spätsommer 2010 – in Spitzenzeiten kamen 150.000 Projektgegner.

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Gründe mag das wohl viele haben. Die Landtagswahlen sind um, es regiert eine grün-rote Landesregierung. Das macht Stuttgart 21 schon sehr unwahrscheinlich. Die Präsentation des Computerstresstestes wurde jüngst auf die zweite Julihälfte verschoben. Überregionale Aufmerksamkeit erregte zudem eine Demonstration, auf der mehrere Baumaschinen demoliert worden sind.

Vielleicht ist es auch gerade die neue Regierungskonstellation, die die Projektgegnerschaft einschränkt: Jetzt wo die Grünen an der Regierung sind, müssen ihre Anhänger keinen Wahlkampf mehr machen. Die Bewegung trennt sich in die, denen es ernsthaft um die Verhinderung eines völlig irrwitzen Projektes ging und der Grünen-Basis, die hier Wahlkampf machen wollte.

Mit derart mittelmäßigen Besucherzahlen hätte man im letzten Jahr jedenfalls keine aufwendige Schlichtung erwirken können. Hätten damals zwischen 7- und 15.000 Menschen demonstriert, Stuttgart 21 wäre vielleicht erst Jahre später gescheitert oder zur Jahrhundertmitte tatsächlich in Betrieb gegangen.

Das ist kein unrealistisches Szenario. Dass dreißig Jahre Bauzeit für Neubaustrecken im Bereich des möglichen liegen, zeigt das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer Acht: Eine Schnellfahrstrecke von Erfurt nach Nürnberg. Kurz nach dem Fall der Mauer war Baubeginn, zum Ende des Jahrzehnts soll die Betriebsaufnahme stattfinden. Ein Großteil wurde zudem in den ersten Jahren im Einheitsboom gebaut.

Gerade die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm ist jedoch deutlich komplexer. Dazu kommen ein hoffnungslos unterfinanzierter Bundesverkehrswegeplan, Schuldenbremse und immer neue Diskussion um Steuersenkungen und die damit verbundenen weiteren „Sparmaßnahmen“. Eine Bauzeit von vierzig Jahren wäre – selbst wenn man Stuttgart 21 nicht bauen würde – durchaus realistisch.

Und so bleibt abzuwarten, was Ende des Monats bekannt gegeben wird. Eine so stark geschwächte Widerstandsbewegung wird jedenfalls nichts mehr aufhalten können. Aber sehr wahrscheinlich wird das auch gar nicht mehr nötig sein. Ein endgültiges Projektaus rückt näher und näher.

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