Bürgermeister informieren sich über den Streik – Unverständnis über GDL
08.07.11 (Allgemein) Autor:admin
In einem Informationsgespräch haben sich gestern Bürgermeister aus dem Streckengebiet des Metronom über den Streik der GDL informiert. Überrascht nahmen sie zur Kenntnis, dass derzeit weniger als 70 Lokführer den Zugverkehr in Niedersachsen lahmlegen können. Und das, obwohl deren Löhne bereits heute über denen der Deutschen Bahn liegen. Die Geschäftsführung des Metronom warnte vor dem Ende des Wettbewerbs um guten Bahnverkehr, falls die GDL sich durchsetze. Sollte die GDL Erfolg haben, fährt auf dem Metronom-Streckennetz in wenigen Jahren wieder die Deutsche Bahn. An die roten Züge mit den stets zu wenigen Sitzplätzen erinnern sich die Gemeindevertreter noch genau. „Dahin wollen unsere Mitbürger nicht zurück“, so der Tenor der Runde.
Die Geschäftsführung des Metronom hatte die Bürgermeister entlang ihrer Strecken zu einem Gespräch eingeladen. Viele Bürger, die langjährige zufriedene Metronom-Kunden sind, beschweren sich über den Streik der GDL. „Wir stehen Rede und Antwort und wollen erklären, warum wir im Interesse unserer Fahrgäste den Wettbewerb erhalten wollen“, sagt Heinrich Strößenreuther, Geschäftsführer des Metronom. Setzt sich die GDL mit ihren Forderungen durch, wird der Metronom nicht mehr gegen die Deutsche Bahn konkurrieren können. Der letzte Metronom-Zug fährt dann im Jahr 2018. Bei der nächsten Ausschreibung würde die Deutsche Bahn dann die Strecken wieder übernehmen. „Deshalb können wir nicht unterschreiben – nicht im Interesse der Bürger entlang unserer Strecken, die Metronom fahren, und nicht im Interesse unserer Mitarbeiter“, so Strößenreuther.
Jürgen Markwardt, Erster Stadtrat der Stadt Uelzen, sorgt sich noch aus einem weiteren Grund um den Metronom: „Wir müssen befürchten, dass die hiesige Werkstatt in Gefahr ist, sollte der Metronom nicht mehr wettbewerbsfähig sein.“ Die Deutsche Bahn unterhält einen modernen Standort in Hannover. Der Verlust von Wirtschaftskraft, die der Metronom heute der Region bringt, würde nicht nur die Stadt Uelzen treffen.
Um gleiche Löhne für alle Lokführer geht es in dem Streik der GDL allerdings schon lange nicht mehr. Nach 10 Jahren Berufszugehörigkeit verdienen die Lokführer des Metronom 2.700 € brutto plus Zulagen – deutlich mehr als die Kollegen bei der Deutschen Bahn, die nur 2.500 € zahlt. Die GDL versucht stattdessen, einen Alleinvertretungsanspruch für alle Lokführer in Deutschland zu erzwingen. Wie die Fahrgäste des Metronom merken: mit allen Mitteln. Samtgemeindebürgermeister Dirk Bostelmann aus Tostedt hält das Vorgehen der GDL für äußerst fragwürdig: „Ich würde mich freuen, wenn Vertreter der Gewerkschaft den Bürgermeistern ihren Standpunkt einmal erklären würden.“
Aber zunehmend mehr Lokführer kehren dem Streikaufruf den Rücken. Seit der dritten Streikwelle sinkt deren Streikbeteiligung. Noch sind es 70 GDL-Lokführer, die Niedersachsen lahmlegen. Letzte Woche sind fünf Metronom-Mitarbeiter aus der GDL ausgetreten. „Wir sind kurz vor der
50-%-Marke, an der die Mehrheiten sich in Minderheiten verwandeln. Viele Lokführer streiken nur noch aus Solidarität zur GDL – die Forderungen selbst können sie oft kaum nachvollziehen“, so Strößenreuther.
Das Führungsteam des Metronom wird deshalb weiter den Dialog mit den Streikwilligen führen. Um die Informationslage während der Streikphasen zu verbessern, werden alle Fahrgastbetreuer mit Smartphones ausgestattet. Ebenfalls wird ab jetzt ein Notfahrplan angeboten, der mindestens einen Zwei-Stunden-Takt, zum Teil jedoch mit Bussen, sicherstellt, wenn wieder gestreikt werden sollte.
Die Bürgermeister sind jedenfalls zufrieden mit dem Informationsaustausch. „Wir verstehen nun viel besser, weshalb sich die Metronom-Geschäftsführung den Forderungen der GDL nicht beugen kann“, sagte Angelika Bode, Bürgermeisterin der Stadt Winsen. „Leider ist der Fahrgast der Leidtragende. Ich hoffe, dieser Streik findet bald ein Ende.“ Die Metronom-Geschäftsführung ist jedenfalls zu Verhandlungen bereit.
Die GDL hat die gemeinsamen Verhandlungen mit ihrer Konkurrenzgewerkschaft EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) zu einem branchenweiten Tarifvertrag hartnäckig abgelehnt. Dieser konnte für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) mit den großen privaten Verkehrskonzernen erfolgreich zu einem Abschluss gebracht werden und bietet Angestellten im SPNV bereits heute Schutz, neben den Lokführern also auch Fahrgastbetreuern, Servicepersonal und Verwaltungs- und Werkstattpersonal. Dieser Branchentarifvertrag regelt bereits das Entgelt, die Arbeitszeit, Urlaub und auch die Anrechnung der Berufsjahre beim Betreiberwechsel. Doch das reicht der GDL nicht. Sie besteht auf einen eigenen Rahmentarifvertrag nur für Lokführer.
Die Tarifverhandlungen für einen Bundesrahmen-Tarifvertrag für Lokführer (BuRa-LfTV) mit den sechs großen Privatbahnkonzernen Abellio, Arriva Deutschland (heute NETINERA Deutschland), Benex, Hessische Landesbahn, Keolis und Veolia Verkehr erklärte die GDL am Jahresbeginn für gescheitert. Es folgten mehrere Streiks.
Die Verträge aller Mitarbeiter bei Metronom regelt ein firmenbezogener Verbandstarifvertrag, für den die GDL alleiniger Tarifvertragspartner ist. Die Metronom-Geschäftsführung hat der Tarifkommission Verhandlungen zum firmenbezogenen Verbandstarifvertrag ohne Vorbedingungen angeboten. Der GDL wurde ausdrücklich die Berücksichtigung der Inhalte aus dem so genannten Rahmentarifvertrag der GDL in Aussicht gestellt. Eine erste Verhandlung fand am 19. Mai 2011 statt.
Metronom-Lokführer verdienen – dies bestreitet die GDL nicht – bereits heute auf dem Niveau von Lokführern der Deutschen Bahn. Im Schnitt liegt das Jahresgehalt bei rund 35.000 Euro. Damit beweist das Unternehmen, dass „Lohndumping“ in Haustarifverträgen der einzelnen Eisenbahnen verhindert werden kann und keine zwingende Folge des Wettbewerbs sein muss.
Im Rahmen der zweiten Verhandlungsrunde am 17. Juni 2011 erklärte die GDL die Verhandlungen mit Metronom für gescheitert, obwohl Metronom ein großzügiges Angebot für alle Mitarbeiter vorgelegt hat. Der von Metronom vorgeschlagene firmenbezogene Verbandstarifvertrag für alle tarifgebundenen Mitarbeiter beinhaltete folgende Kernelemente:
- Einmalzahlung: 500 Euro brutto für jeden seit 1.7.2010 vollbeschäftigten Tarifmitarbeiter
- Verdopplung des Sonntagszuschlags sowie Erhöhung von Feiertags- und Nachtzuschlägen
- 2 bis 3 % höhere Einkommen für alle Mitarbeiter, abhängig von der Betriebszugehörigkeit
Darüber hinaus wurden die Erweiterung der Entgelttabelle und Erfahrungszulagen für langjährige Triebfahrzeugführer und Fahrgastbetreuer sowie mehr Sicherheit im Falle eines Betreiberwechsels angeboten. Dieses Angebot wurde von der GDL abgelehnt.