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Niedersachsen: Bald Bahnverbot für Randalierer?

19.06.11 (Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Dass der kommerzielle Fußball eng mit Rechtsextremismus, Randale, Vandalismus, Alkohol und hohen Sachschäden verwandt ist, ist nichts neues und allgemein bekannt. Die Fußballfirmen werden nicht an der Schadensregulierung beteiligt. Insbesondere Bahngesellschaften haben Wochenende für Wochenende damit zu kämpfen. Die parasitäre Existenz, die hier ein ganzer Wirtschaftszweig seit Jahrzehnten führt, beginnt eben nicht erst bei Ulrich Hoeneß´ obskuren Maximalforderungen nach einer zweiten haushaltsbezogenen GEZ-Gebühr exklusiv für die Bundesliga.

Wie die Hannover´sche Allgemeine Zeitung berichtet, erwägt Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) nun neben einem Stadionverbot für Randalierer auch ein Bahnverbot. Erst im April demolierten rund 500 Sympathisanten der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA einen Regionalzug und einen ICE. Dabei wurden in den Zügen Raketen gezündet, Sitze abgebrochen und aus den Fenster geworfen und vieles mehr. Nur einige wenige Personalien konnten festgestellt werden.

Doch Schünemanns Vorschlag beruht entweder auf Unwissenheit oder ist nur eine leere Worthülse. Bereits heute könnten Personen, die eine Gefahr für die Sicherheit oder die Allgemeinheit sind, von der Fahrt ausgeschlossen werden. Das gilt insbesondere für vermummte oder alkoholisierte Personen. Praktiziert wird das selten. Zumal Fußballanhänger in den meisten Fällen gleich ihre Eintrittskarten als Fahrausweise nutzen können (SPNV-Besteller oder Verkehrsunternehmen erhalten oft nur Centbeträge pro Fahrgast) oder aber stark verbilligte Angebote wie das Schönes-Wochenende-Ticket in Anspruch nehmen.

Erst jüngst hat die Bayer 04 Leverkusen GmbH – eine Tochtergesellschaft des Chemiekonzerns Bayer AG – die Reißleine gezogen. Es werden keine Sonderzüge mehr selbst bestellt. Die dahinterstehende Taktik war leicht zu durchschauen: Während die Eisenbahnverkehrsunternehmen die Fußballfirma für die Vandalismusschäden in von ihr selbst bestellten Zügen haftbar machen kann, bleiben bei ohnehin fahrenden Zügen des SPNV die Besteller und Dienstleister auf ihren Schäden sitzen. Wie so oft ist es der Steuerzahler, der die Zeche übernimmt.

Geradezu wie Realsatire wirkte es, als ein „Fanbetreuer“ der Bayer 04 Leverkusen GmbH behauptete, Vandalismusschäden habe es ausschließlich in den Zügen gegeben, die die Firma selbst bestellt habe. Und was für Schäden: Sitze wurden demoliert, Türen und Fenster eingetreten und vieles mehr. In den Zügen, die nicht die Fußballtochter des Chemieriesen, sondern die Allgemeinheit finanziert hat, sei dagegen noch nie etwas passiert.

Eine wirklich gangbare Lösung könnte sein, bestimmte Fußballspiele einfach unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen, wenn die Sicherheitslage es nicht anders zulässt. Aber spätestens da wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch Herr Schünemann wieder das „Kulturgut Fußball“ hoch halten. Mehr als heiße Luft kam bei diesem Problem nämlich noch nie von einem Politiker.

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