Die Deutsche Bahn und der Denkmalschutz
13.06.11 (Allgemein) Autor:Test Kunde
In Deutschland ist der Denkmalschutz streng geregelt. Wer ein Bauwerk besitzt, das unter Denkmalschutz steht, hat besondere Auflagen zu beachten. Die Deutsche Bahn besitzt eine Reihe von denkmalgeschützten Immobilen und Anlagen. Dazu gehört auch die Müngstener Brücke, die zur Zeit für den Eisenbahnverkehr gesperrt ist. Dies ist schon tragisch genug, denn über die Müngstener Brücke führt eine wichtige Regionalbahnlinie, der „Müngstener“ (RB 47) von Solingen über Remscheid nach Wuppertal. Das Eisenbahnjournal Zughalt.de berichtete darüber.
Im § 2 des Denkmalschutzgesetzes NRW (DschG NRW) heißt es:
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen. Die Vorschriften des Landschaftsgesetzes bleiben unberührt.
(2) Baudenkmäler sind Denkmäler, die aus baulichen Anlagen oder Teilen baulicher Anlagen bestehen. Ebenso zu behandeln sind Garten-, Friedhofs- und Parkanlagen sowie andere von Menschen gestaltete Landschaftsteile, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen. Historische Ausstattungsstücke sind wie Baudenkmäler zu behandeln, sofern sie mit dem Baudenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden.
(3) Denkmalbereiche sind Mehrheiten von baulichen Anlagen, und zwar auch dann, wenn nicht jede dazugehörige einzelne bauliche Anlage die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt. Denkmalbereiche können Stadtgrundrisse, Stadt-, Ortsbilder und -silhouetten, Stadtteile und -viertel, Siedlungen, Gehöftgruppen, Straßenzüge, bauliche Gesamtanlagen und Einzelbauten sein sowie deren engere Umgebung, sofern sie für deren Erscheinungsbild bedeutend ist. Hierzu gehören auch handwerkliche und industrielle Produktionsstätten, sofern sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen.
Die Müngstener Brücke wurde in den Jahren 1894 bis 1897 erbaut. Sie ist mit 107 Metern über dem Tal der Wupper noch immer die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands. Es ist ohne Frage, dass die Brücke die Voraussetzungen für ein Denkmal erfüllt und sie steht bereits unter Denkmalschutz. Daran sind vor Jahren auch die Bestrebungen der Bahn gescheitert, die Strecke zu elektrifizieren.
Der § 7 des Denkmalschutzgesetzes NRW sagt aus:
§ 7 Erhaltung von Denkmälern
(1) Die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten haben ihre Denkmäler instand zu halten, instand zu setzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen, soweit ihnen das zumutbar ist. Für die Zumutbarkeit ist auch zu berücksichtigen, inwieweit Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln oder steuerliche Vorteile in Anspruch genommen werden können. Die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten können sich nicht auf Belastungen durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht worden sind, daß Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigem öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind.
(2) Soweit die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten den Verpflichtungen nach Absatz 1 nicht nachkommen, kann die Untere Denkmalbehörde nach deren Anhörung die notwendigen Anordnungen treffen.
Offensichtlich hat die Deutsche Bahn aber diese Vorschriften des Denkmalschutzes missachtet. Das trifft auch dann zu, wenn die Brücke keine verkehrliche Bedeutung hätte. Den Gerüchten zu Folge, soll der letzte Anstrich der Brücke im Jahre 1961 (!) erfolgt sein.
Das Eisenbahnjournal Zughalt.de hat am Pfingstsonntag 2011 die Brücke in Augenschein genommen. Zugegeben, so nah waren Stefan Hennigfeld und Jürgen Eikelberg der Brücke seit Jahren nicht mehr. Aber wir erinnerten uns noch, wie es damals ausgesehen hat. Jürgen Eikelberg wusste sogar noch, dass er just im Jahre 1961 bei einem Schulausflug zur Müngstener Brücke auch noch einige Gerüste an der Brücke hängen sah und Arbeiter, welche fleißig die Träger bearbeiteten.
Jedem Menschen ist es bekannt, dass Stahl mit der Zeit rostet, wenn er nicht entsprechend behandelt – also mir Schutzfarbe gestrichen – wird. Denn zunächst bildet sich der Rost auf der Oberfläche, frisst sich aber immer weiter in den Stahl hinein. Letztendlich wird er porös und zerbröselt unter den Fingern. Die mag zwar bei den Stahlträgern der Müngstener Brücke noch ein paar Jahre dauern, aber irgendwann kann die Brücke ihr Eigengewicht von 5.000 Tonnen nicht mehr halten. Dann genügt schon kleiner Herbststurm, um die Brücke auch ohne Zugverkehr zum Einsturz zu bringen.
Wenn man den Rost an den tragenden Teilen der Brücke sieht, ist es unvorstellbar, dass bis vor wenigen Monaten dort noch regelmäßig Zugverkehr stattgefunden hat. Ende Oktober 2009 sogar beim Müngstener Brückenfest noch mit schweren Dampfloks (!). Regelmäßig fuhren sogar noch 2010 auch gewichtige Güterzüge über die Brücke.
In zwei Jahren, zum Fahrplanwechsel im Dezember 2013, wird Abellio Rail NRW nach einer gewonnenen Ausschreibung den „Müngstener“ übernehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Brücke mit Zügen befahrbar sein. Doch die Frage bleibt, wie es gehen soll.
Zum einen ist die Deutsche Bahn gem. § 7 DSchG NRW verpflichtet, das Bauwerk zu erhalten, andererseits käme ihr ein Neubau in Stahlbetonweise billiger. Dies scheint auch das Kalkül der Bahn zu sein. Denn in beiden Fällen ist die öffentliche Hand, also der Steuerzahler, gefordert. Es wäre nur ein anderer Topf der Fördermittel.
Unbestritten dürfte aber die Tatsache sein, dass eine moderne Stahlbetonbrücke schneller zu errichten wäre, als eine Rekonstruktion der Stahlfachwerkbrücke nach alten Plänen oder einer Sanierung des gesamten Bauwerks. Unbestritten ist aber auch, dass eine „neue“ Brücke in Stahlbetonbauweise das Tal zerstören würde.
Bilder: Jürgen Eikelberg, Zughalt.de
[ad#Bigsize-Artikel]