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Münchner Variobahn schafft Weltrekord

25.05.11 (Allgemein) Autor:Test Kunde

Unter notarieller Aufsicht schaffte eine Münchner Tram vom Typ Variobahn 16 Kilometer mit einer neu entwickelten Lithium-Ionen-Batterie und dürfte damit eine neue Rekordmarke für das GUINESS WORLD RECORDS setzen.  Auf einer 3,5 Kilometer langen Teststrecke bei Velten durfte die mit zwei Fahrern besetzte Tram zum Richtungswechsel nur fünf Sekunden halten, die Stromabnehmer wurden für die Dauer des Versuchs versiegelt und sämtliche Aktivitäten durch Streckenposten am Gleis überwacht und mit Kameras dokumentiert. Um in das Guiness Buch der Rekorde eingetragen zu werden, muss die Variobahn mindestens einen Kilometer weit mit Batterieantrieb fahren. 

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Die von Stadler Pankow GmbH gebaute Tram ist für München bestimmt und wurde für die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mit einer Hochleistungsbatterie ausgestattet um in der bayerischen Landeshauptstadt auf einer Teilstrecke einen fahrleitungslosen Betrieb zu realisieren. Dies wäre die nachgewiesenermaßen wichtige Tram-Nordtangente erforderlich, weil sich auf einem Kilometer Neubaustrecke durch den Englischen Garten führt.

Genau aus diesem Grund scheiterte 2001 ein erstes Planfeststellungsverfahren; die zuständige Genehmigungsbehörde befürchtete damals, dass sich Fahrleitungen und Masten negativ auf das Landschaftsbild auswirken. Daher planen SWM/MVG nun, die Tram mit Batterieantrieb ohne Oberleitungen durch den Englischen Garten fahren zu lassen.

Die 380 kg schwere Batterie erfüllt alle Anforderungen, die sich aus der Münchner Streckencharakteristik ergeben. Berücksichtigt wurden unter anderem die Länge der fahrleitungslosen Strecke durch den Englischen Garten (ca. 1 km), ein Haltestellenaufenthalt, ein weiterer ggf. erforderlicher betrieblicher Stopp, jeweils mit Bremsen und Anfahren, sowie die Topographie. Ausgelegt ist die Batterie zudem darauf, dass die Trambahn diesen Abschnitt nicht nur einmal, sondern zweimal ohne Nachladen bewältigen könnte, wenn ansonsten unter Fahrleitung gefahren und eine Wiederaufladung des Speichers ermöglicht wird. Der Testzug kommt zurück nach München, sobald die Technische Aufsichtsbehörde bei der Regierung von Oberbayern die Zulassung für die Fahrzeuge vom Typ Variobahn erteilt hat. In München werden dann weitere Testfahrten im MVG-Netz stattfinden. Sollte sich auch dabei herausstellen, dass die Batterie-Technik reibungslos funktioniert und allen Anforderungen genügt, streben SWM/MVG einen erneuten Antrag auf Planfeststellung für die Nordtangente an.

Diese Tram ist einer von vier Zügen aus dem ersten Lieferlos für München. Zehn weitere sind im Bau und werden bis Ende des Jahres ausgeliefert. Alle Fahrzeuge können mit Batterien nachgerüstet werden.

„Nachdem die Variobahn mit Erfolg weltweit im Betrieb ist und dabei auf mehr als 30 Mio Betriebskilometer zurückblickt, sind wir jetzt auch in der Lage, unter Anwendung modernster Technologie erhebliche Strecken auch oberleitungsfrei zurückzulegen. Stadler schreibt heute, mit dieser Testfahrt Straßenbahngeschichte.“, so Michael Daum, Vorsitzender der Geschäftsführung von Stadler Pankow.

Herbert König, Vorsitzender der MVG Geschäftsführung: „Mit dem möglichen Einsatz von Energiespeichern auf einem Tramzug befassen wir uns schon seit einigen Jahren. Dabei wurden mit der Industrie intensiv die diversen Möglichkeiten diskutiert und auch erste Erfahrungen, z. B. Vom Batterie-Einsatz bei der Straßenbahn in Nizza, einbezogen. Für unseren Anwendungsfall – die Überbrückung eines 1 km langen Abschnitts – eignet sich am besten eine Lithium-Ionen-Batterie, die die Energie zwar langsamer speichert als Supercaps wie sie z. B. in Heidelberg im Einsatz sind, dafür aber mehr Strom aufnehmen kann und somit auch längere Streckenabschnitte ohne Nachladen überwindet. Der heutige Versuch hat gezeigt, dass uns die Lithium-Ionen-Batterie locker in die Lage versetzt, einen fahrleitungslosen Betrieb im Englischen Garten zu realisieren.

Klar ist: Im Unterschied zum heutigen Rekordversuch, bei dem die technisch heute mögliche Reichweite einer Tram-Batterie demonstriert wurde, kommt es für die praktische Anwendung darauf an, dass die Batterie exakt auf die örtlichen Anforderungen abgestimmt, passgenau – auch in Bezug auf die mögliche Achslast der Fahrzeuge – und möglichst wirtschaftlich dimensioniert ist. Dabei ist es wichtig, dass die Batterie im Normalfall nur teilweise, zu ca. 10 bis 15 Prozent, entladen wird, weil dann ihre Lebensdauer am höchsten ist. Genau so ist diese Batterie für den Bezugsfall ‚Nordtangente München‘ ausgelegt und optimiert: Entladung durch Querung Englischer Garten ohne Fahrdraht im Normalfall nur bis auf ca. 85-90 Prozent ihrer Kapazität, dann Wiederaufladung unter dem Fahrdraht der übrigen Strecke. So wäre ein stabiler Betrieb mit ausreichenden Reserven und optimierter Batterielebensdauer möglich. Dieser Nachweis wurde heute erbracht!“

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