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Liberalisierung des Linienbus-Fernverkehrs

29.05.11 (Allgemein) Autor:Test Kunde

In Deutschland ist der Verkehr mit innerdeutschen Fernbuslinien sehr stark reguliert. Grund ist ein Passus aus den 1930er Jahren im Personenbeförderungsgesetz, der in großen Teilen übernommen wurde. Neue Buslinien können nicht genehmigt werden, wenn dieselbe Verkehrsleistung bereits durch andere Verkehrsmittel in befriedigendem Umfang bedient wird. Das können bestehende Buslinien sein, aber vor allem die Eisenbahn.

Dabei hatte es in Deutschland nie einen richtigen Fernverkehr mit Bussen gegeben, wie es sie mit den Greyhound-Bussen in den USA oder Kanada der Fall ist. Eine Ausnahme bildet die „Berlin Linien Bus“, einem Verbund von Verkehrsunternehmen, an dem die Deutsche Bahn maßgeblich beteiligt ist. Sie stammt noch aus den Zeiten der deutschen Teilung und ihre Genehmigung wurde wegen der schlechten Eisenbahnverbindungen von und nach Berlin erteilt.

Der Paragraph 13 des Personenbeförderungsgesetzes schreibt vor, dass eine Fernbuslinie nur genehmigt werden darf, wenn sie „zu einer wesentlichen Verbesserung“ gegenüber der Eisenbahn (oder vorhandenen Buslinien) führen. Diese Linien, die Berlin mit mehreren deutschen Städten verbinden, genießen Bestandsschutz.

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Bis zum Jahre 2010 (!) wurde dies von den Genehmigungsbehörden so gedeutet, dass Fernbuslinien neben bestehenden Bahnlinien nicht zu einer Verbesserung des Angebots führen würden und versagten regelmäßig die Genehmigung. Mit Urteil vom 24. Juni 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) auch eine erhebliche Ersparnis der Reisekosten als erhebliche Verbesserung angesehen und somit eine Fernbusverbindung neben einer Bahnverbindung legitimiert.

Grundsätzlich begrüßt auch die DB die Liberalisierung und hält ein ergänzendes Fernbusliniennetz für sinnvoll. Doch gleichzeitig fordert sie gewisse Reglementierungen. Im Hinblick auf ihre eigenen Fernbusnetze verlangt sie Investitions- und Bestandsschutz. Die Unternehmen hätten in Fahrzeuge und Betriebsstätten investiert, Personal eingestellt und sich auf ein Fahrplanangebot verpflichtet.

Im Interesse der Kunden sei ein Sicherheits- und Qualitätsniveau erforderlich, was eine wesentliche Voraussetzung für eine Genehmigung sei. Hier liege auch eine wichtige Aufgabe der Genehmigungsbehörden, die Verkehrsangebote nicht dem freien Spiel möglicher nur kurzfristig aktiver Markteilnehmer zu überlassen. Dies würde die Grundlage dauerhafter Verkehrsangebote im (bestellten) Nahverkehr (?) entziehen.

Weiterhin verlangt sie eine Betriebspflicht für die Mitbewerber, eine Veröffentlichung und Einhaltung der Fahrpläne. Zur Erinnerung, ein Eisenbahnverkehrsunternehmen ist per Gesetz verpflichtet, eine Linie mindestens sechs Monate aufrecht zu erhalten.

In dem Referentenentwurf zur Änderung der Personenbeförderungsgesetzes ist von einer dreimonatigen Verpflichtung für die Aufrechterhaltung der Linie die Sprache. Das kritisiert auch der Verband Deutscher Omnibusunternehmer, der eine längerfristige Planungssicherheit für die Kunden, aber auch für die Unternehmen erforderlich hält. Und selbstverständlich unterstreicht er, das Sicherheit und Qualität Vorrang hat.

Ob Buslinien-Fernverkehre eingerichtet werden dürfen, entscheiden die zuständigen Behörden der Länder. Diese prüfen die fachliche Eignung und die Zuverlässigkeit der Busunternehmen und entscheiden, an welchem Busverkehr ein öffentliches Interesse besteht.

Pikant ist folgender Fall. Die DB-Busgesellschaft Bahnbus Hochstift GmbH (BBH) mit Sitz in Bielefeld hatte Ende 2007 die Genehmigung für die Buslinie Kassel-Paderborn-Bielefeld erhalten. Eine Strecke von gerade mal 151 Bahnkilometern (zum Vergleich: der NRW – RE 1 von Paderborn nach Aachen hat einen Laufweg von 290 Kilometern).

Zwischen Paderborn und Bielefeld (44 Kilometer) verkehrt die Regionalbahn RB 47, die seit Dezember 2003 von der „NordWestBahn GmbH“ betrieben wird. Es sind also wahrlich keine „echten“ Fernverkehrsverbindungen. Die NordWestBahn GmbH widersprach der Buskonzession für die BBH und die Genehmigung wurde im Herbst 2008 widerrufen.

Die oben angeprangerten Situation, nämlich des Kannibalismus von öffentlich geförderter Eisenbahnverbindungen, hat die DB in Form ihrer Eigentümerschaft der BBH auf diesem Streckenabschnitt selbst versucht. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Foto: Claus Weber, Deutsche Bahn AG

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