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Rhein-Ruhr-Express: Interview mit VRR-Mitarbeiter Georg Seifert (Teil 2)

01.04.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

Georg Seifert (37) ist beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr für die Durchführung von Wettbewerbsverfahren zuständig. Mit dem Eisenbahnjournal Zughalt.de sprach er über den Rhein-Ruhr-Express, Wettbewerbsplanungen im VRR und die künftige Verkehrssituation.

Bereits gestern erschien der erste Teil des Interviews.

Es gibt Medienberichte, wonach eine Verlängerung der Linie RRX 5 mit Zweisystemfahrzeugen über Emmerich am Rhein hinaus ins niederländische Arnheim angedacht sei. Was ist da dran?

Es gibt mit der niederländischen Seite Untersuchungen, inwiefern eine Trasse bis Arnheim überhaupt vernünftig umgesetzt werden kann, ja. Ob das dann so kommt oder ob man von solchen Plänen wieder abrücken muss, bleibt abzuwarten.

Die Linie RRX 6 wird von Minden an der Weser bis nach Koblenz führen. Damit wird sie länger sein als so mancher InterRegio war – auch wenn wir den nicht mehr haben. Nichtsdestotrotz würde er quasi vor den Toren Hannovers enden. Gibt es Bestrebungen, diese Linie in Abstimmung mit den niedersächsischen Aufgabenträgern in die dortige Landeshauptstadt zu verlängern?

Nein, das ist nicht geplant.

Fürchten Sie nicht, dass ein solcher Langläufer Probleme mit der Betriebsstabilität kriegen wird?

Insgesamt nicht schlimmer als heute. Gerade im Hinblick auf den entstehenden Infrastrukturbedarf und bei der Konzeption, die man zwischen Fern- und Nahverkehr hinterlegt hat, dürfte es eher besser werden. Nah- und Fernverkehr sollen eine Art Fließbandsystem darstellen, so dass beide mit einer relativ konstanten Geschwindigkeit fahren werden.

Sie haben mit dem RRX dann in der Endausbaustufe vier Direktzüge zwischen Düsseldorf und Köln. Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hat es zusätzliche Leistungen auf der Linie RE 3 gegeben, die über Düsseldorf hinaus via Neuss und Dormagen nach Köln gefahren sind. Gibt es Planungen in diese Richtung oder hat sich das nicht bewährt?

Die Idee ist – jenseits des RRX – nicht grundsätzlich schlecht. Herzstück ist aber die Infrastruktur zwischen Köln und Düsseldorf, insbesondere im Leverkusener Bereich, so dass hier ein sauberer Viertelstundentakt das vorderste Ziel ist.

Der RRX ist die wichtigste Planung für die Düsseldorfer Nord-Süd-Achse, also von Duisburg nach Köln. Es gibt in der Landeshauptstadt aber auch eine Ost-West-Achse, da ist derzeit der neue Haltepunkt Düsseldorf-Bilk vorgesehen, an dem die Linien RE 4, RE 10 und RE 13 zum Halten kommen sollen. Wird diese Relationen in irgendeiner Form vom RRX profitieren und sei es nur, weil ab 2016 auf der Linie RE 4 und ab 2025 auf der Linie RE 13 ebenfalls Doppeldecker-Triebzüge zum Einsatz kommen könnten?

Es wird immer so getan, als sei der RRX aus Fahrgastsicht der wahnsinnige Quantensprung. Unsere heutigen Anforderungen im RE-Bereich sind grundsätzlich hoch. Der RRX-Standard unterscheidet sich insbesondere durch technische Sachen wie Beschleunigungs- und Bremsvermögen oder auch Kapazität und Komfort. Wir werden aber auch in die Ausschreibungen jenseits des Rhein-Ruhr-Express mit hohen Anforderungen gehen.

Trotzdem hat es da ja Probleme gegeben. Auf dem RE 3 fuhren früher teilweise vier Doppelstockwaggons, heute in manchen Fällen ein einzelner Stadler Flirt – hier ist es zu massiven Kapazitätssenkungen gekommen. Steht das nicht auch für den RE 4 oder den RE 7 zu befürchten?

Ich will das nicht mit allerletzter Sicherheit ausschließen. Das liegt aber nicht daran, dass wir nicht richtig hingeschaut hätten, sondern es liegt daran, dass sich einerseits Fahrgastmengen verändern und dass man andererseits auch nur über eine bestimmte finanzielle Ausstattung verfügt, mit der man auskommen muss. Es kann ja auch nicht Ziel sein, auf der einen Linie die Kapazität zu erhöhen, während man auf der Nachbarstrecke Abbestellungen durchführen muss, weil kein Geld mehr da ist.

Wie sind die Wettbewerbspläne für andere hochwertige RE-Linien im VRR?

RE 7 und RB 48 sollen in naher Zukunft im Paket ausgeschrieben werden. Zudem sollen RE 4 und RB 33 gemeinsam an den Start gehen.

An beiden Ausschreibungen ist auch der NVR beteiligt. Wie sieht es da im Hinblick auf Brutto- und Nettoverträge aus?

Wir sind um einiges weiter als noch vor einiger Zeit. Man hat die Modelle, die in Nordrhein- Westfalen angewandt werden sollen, definiert und muss das jetzt noch verfeinern. Die Frage nach Brutto- und Nettoverträgen geht bis in die Einnahmeaufteilungssystematiken in den Verbünden. Das wird jetzt aber noch weiter ausgearbeitet und wir werden zu einem konstruktiven Ergebnis kommen.

Kurz darauf werden auch die S-Bahnlinien zur Ausschreibung anstehen. Dort hat es in den letzten Jahren im Rahmen von Koch-Steinbrück einige unangenehme Kürzungen gegeben. Der Studentenpendel auf der S 1 fiel weg, die S 8 wurde zwischen Hagen und Wuppertal-Oberbarmen auf einen 20/40-Minutentakt ausgedünnt und die S 5 fährt teilweise nur noch im Stundentakt. Können die Fahrgäste mit Rücknahmen dieser Abbestellungen rechnen?

Innerhalb der Laufzeit des jetzigen Vertrages, also bis 2018, ist das nicht geplant.

Es gab ja auch Abbestellungen die außerhalb des DB-Großvertrages liegen, z.B. endet der RE 16 aus Richtung Siegen abends schon in Hagen. Wie sieht es da aus?

Auch da sind in den nächsten Jahren keine Leistungsausweitungen geplant.

RE 16 und RB 40 sind aber dennoch ein gutes Stichwort, wenn die aus Witten kommend in Bochum-Langendreer auf die Fernbahn eingeschwenkt werden, besteht ja ernsthaft die Gefahr, dass die den RRX durcheinander bringen. Was passiert nach der Vollinbetriebnahme mit diesen Linien?

Es gibt die Variante, diese Linien über die Gleise der S 1 zu führen. Eine definitive Entscheidung steht aber noch aus.

Würde man sie über die S-Bahnstrecke führen, dann hätte man spätestens im Knoten Essen-Steele ein großes Problem – und die Linien RE 16 und RB 40 könnten störanfällig werden.

Der heutige Parallelverkehr der RE 16 und RB 40 mit dem anderen Regionalverkehr und dem Fernverkehr ist ebenfalls sehr störanfällig. Durch Infrastrukturmaßnahmen bei der S-Bahn und der Betriebsqualität auf der S-Bahn gehen wir davon aus, dass ein Betrieb auch auf der S-Bahnstrecke möglich ist. Dadurch soll es auch zu gleichen Wendezeiten in Essen und damit zu keinem Fahrzeugmehrbedarf kommen.

Also nicht erst die Fahrpläne aufstellen und dann dafür die Infrastruktur planen, sondern erst bauen und dann gucken was möglich ist.

Der RRX wurde mit Systemtrassen geplant und die notwendige Infrastruktur ermittelt. Aber es gibt eben immer Varianten. Deshalb ist es wichtig, zunächst das große ganze zu planen und sich erst später mit Detailfragen zu beschäftigen.

Herr Seifert, vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führten Jürgen Eikelberg und Stefan Hennigfeld.

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