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Zugunglück bei Oschersleben: Hinweise auf menschliches Versagen

02.02.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

In der Nacht zum vergangenen Sonntag ereignete sich bei Oschersleben in Sachsen-Anhalt das schwerste Zugunglück in Deutschland seit Eschede 1998: Auf einem nicht technisch gesicherten eingleisigen Abschnitt sind ein Personen- und ein Güterzug frontal zusammengestoßen. Elf Menschen wurden getötet, zahlreiche weitere zum Teil schwer verletzt.

Wie der Mitteldeutsche Rundfunk unter Berufung auf ein Bericht des Bundesverkehrsministeriums berichtet, soll der Lokomotivführer des Güterzuges zwei Signale missachtet und nicht auf einen Funk-Notruf reagiert haben. Bereits seit Montag ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Mann wegen des Verdachtes auf fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und schweren Eingriffs in den Schienenverkehr.

So soll der eingleisige Abschnitt zum fraglichen Zeitpunkt für den Harz-Elbe-Express (HEX) der Veolia Verkehr freigegeben gewesen sein. Der Güterzug hätte warten sollen. Das Vorsignal habe „Halt erwarten“ und das Hauptsignal habe „Halt“ gezeigt. Der Fahrdienstleiter des Stellwerkes Hordorf soll versucht haben, den Lokführer per Funk zu einer Notbremsung aufzufordern.

Die Triebfahrzeugführer des Harz-Elbe-Express, der bei dem Unfall verstarb, soll den Zug noch von knapp 100km/h auf 66km/h abgebremst haben. Dadurch wurden möglicherweise weitere Personenschäden verhindert.

Dazu gibt es Berichte, dass der Lokführer des Güterzuges auf der „hinteren Lok“ gewesen sei. Dies ist jedoch unrealistisch. Es ist aber möglich, dass der Mann – nach Einleitung einer Schnellbremsung – in den hinteren Führerstand seiner Lok geflüchtet ist, um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Eine solche Verhaltensweise wäre auch nicht vorschriftswidrig.

Wäre die Strecke mit PZB ausgerüstet gewesen, hätte der Unfall verhindert werden können, wenn der Lokführer des Güterzuges tatsächlich ein Halt zeigendes Signal überfahren haben sollte. Allerdings ist PZB auf Bestandsstrecken, deren Höchstgeschwindigkeit nicht über 100km/h beträgt, nicht gesetzlich vorgeschrieben. Insbesondere in Ostdeutschland gibt es noch einige solcher Strecken.

Bahnchef Grube kündigte am Montagabend in der ARD-Sendung Beckmann an, die Deutsche Bahn werde in den nächsten Jahren sämtliche Strecken mit PZB ausstatten. In Westdeutschland gab es zum Zeitpunkt der Bahnreform keine Strecken mehr ohne PZB. Die Bundesbahn hat auf den Strecken, die sie nicht stillgelegt hat, mehr für die Sicherheit getan, als die Reichsbahn der DDR.

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