Allianz pro Schiene kritisiert Fernbus-Gesetz
10.02.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg
Die Allianz pro Schiene kritisiert den ihr vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Fernbuslinien. Die sollen demnach künftig bundesweit fast ohne Einschränkungen angeboten werden dürfen. Geschäftsführer Dirk Flege: „Für den Verbraucher fehlt hier jede Verlässlichkeit. Nach drei Monaten darf der Busbetreiber seinen Betrieb sang- und klanglos einstellen.“
Das ist auf der Schiene, auch denn die Bahnlobby etwas anderes sagt, ebenfalls möglich. Die Deutsche Bahn macht ja gerade vor, wir kurzfristig man eigenwirtschaftliche Personenverkehrsleistungen auf der Schiene ganz einstellen oder verringern kann. Lediglich beim öffentlich bestellten Nahverkehr ist das etwas anderes.
Wer eigenwirtschaftliche Dienstleistungen anbietet, darf die in Deutschland jederzeit ohne Ankündigung einstellen. Friseure, Handwerker und andere können ihren Laden jederzeit schließen ohne dass sie irgendwem gegenüber verpflichtet wären, ihren Betrieb aufrecht zu erhalten. Auch ein Supermarkt, eine Bäckerei oder ein Kiosk kann ohne Ankündigung schließen.
Für die Eisenbahn-Lobbyisten scheint das alles keine Rolle zu spielen. Flege: „ Über die Fernbus-Liberalisierung versucht die Politik, sich aus ihrer Pflicht zum Ausbau der Schieneninfrastruktur zu stehlen.“ „Wenn auf Relationen mit vernachlässigter Schieneninfrastruktur wie Berlin – Dresden künftig massenhaft Fernbusse fahren, wird die Politik den Ausbau auf dieser Relation weiter verschleppen und auf die billige Alternative verweisen.“
Dass die Fernbusse nur dann fahren, wenn sie sich lohnen, scheint in den Überlegungen keine Rolle zu spielen. Auch nicht dass es in Deutschland zahlreiche Relationen, oft zwischen Oberzentren gibt, auf denen Fernbusse ein attraktives Angebot machen können, juckt die Lobbyisten nicht. Die Eisenbahn, das ist klar, macht den Menschen auf vielen Strecken de facto gar kein Angebot. Wer man von Dortmund nach Gießen oder von Siegen nach Chemnitz fahren musste, der wird das wissen.
Anders sieht man das beim Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), der ebenfalls Mitglied der Allianz pro Schiene ist. VCD-Chef Michael Ziesak: „Der liniengebundene Fernbusverkehr ist eine sinnvolle Ergänzung zum Bahnangebot und bietet Menschen, die heute mit ihrem eigenen Auto, mit der Mitfahrerzentrale oder dem Flugzeug unterwegs sind, eine umweltfreundliche Alternative. Mit dem Eisenbahnfernverkehr konkurriert der Fernlinienbusverkehr hingegen nur sehr begrenzt.“
Auch VCD-Bahnreferentin Heidi Tischmann hält den Buslinienverkehr für eine sinnvolle Sache. „Viele Mittelstädte und sogar einige Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern sind nicht mehr an den Fernverkehr der Deutschen Bahn angebunden. Hier bietet der Fernlinienbus ebenso eine attraktive Alternative.“
Auch so sozialer Sicht seien Fernlinienbusse zu begrüßen. Tischmann: „Auf nachfragestarken Strecken, wie zum Beispiel Köln – Frankfurt oder auch Berlin – Hamburg mit hohen ICE-Preisen, kann der Fernlinienbus als Korrektiv wirken und Mobilität für Menschen mit wenig Geld bezahlbar machen.“
Für Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn – ebenfalls Mitglied der Allianz pro Schiene – sind Fahrgastrechte besonders wichtig. Naumann: „enn es einen liberalisierten Fernbusverkehr geben soll, dann müssen dort dieselben Fahrgastrechte gelten wie in der Bahn.“
Außerdem müssen Fernbusse Autobahnmaut bezahlen. Das fordert man auch beim VCD: Eine Gebühr für die Autobahnnutzung und vielleicht sogar einen Obulus für den Halt an kommunalen Busbahnhöfen. Dieses Geld könnte dann in den ÖPNV vor Ort fließen.