Wie wird der Rhein-Ruhr-Express aussehen?
11.01.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg
Als die WAZ-Gruppe gestern berichtete, dass die Kapazitäten auf dem Rhein-Ruhr-Express geringer ausfallen würden als in den Zügen, die derzeit dort fahren, ging ein Raunen durch die Öffentlichkeit. Immerhin befinden sich tragende RE-Linien gerade erst in einer aufwendigen Kapazitätserweiterung, vor allem im Ruhrgebiet und auf der Rheinschiene. Soll das wieder wegfallen?
Tatsache ist, und das hat das Landeswirtschafts- und Verkehrsministerium der Zeitung ja auch mitgeteilt, dass derzeit noch nicht absehbar ist, welche Züge auf dem Rhein-Ruhr-Express zum Einsatz kommen werden. Für die RRX-Vorläuferlinien wurden zuletzt hochwertige Doppelstockwaggons von Bombardier bestellt. Auf Basis dieser Waggons können durchaus auch Triebzüge gefertigt werden.
Der Einsatz von einstöckigen Triebzügen ist indes unwahrscheinlich. Zwar kann man auch damit im Zweifel große Kapazitäten schaffen, bei nicht ausreichenden Bahnsteiglängen geht das allerdings nur auf Kosten der Sitzabstände. So bieten z.B. die fünfteiligen FLIRT der Westfalenbahn ähnlich viele Sitzplätze wie die sechsteiligen FLIRT in Italien. Keine schönen Aussichten für die Pendler an Rhein und Ruhr.
Darüber hinaus muss man sich ernsthaft fragen, was hinter dem Namen Rhein-Ruhr-Express eigentlich steht und ob wirklich eines Tages von heute auf morgen die RE-Linien durch RRX-Linien ersetzt werden. Unabhängig davon, dass es irrelevant ist, ob der NRW-Express auch im Jahr 2030 noch als RE 1 oder als RRX 1 durch die Lande fahren wird, ist noch immer offen, was genau kommen wird.
Trotz aller Kritik am Gesamtkonzept RRX sind dort einige dringend notwendige und sinnvolle Einzelmaßnahmen enthalten. Etwa der zweigleisige Ausbau zwischen Dortmund und Münster oder der viergleisige Ausbau zwischen Düsseldorf und Köln. Das schöne am Verkehrskonzept Rhein-Ruhr-Express ist aber, dass man es stufenweise realisieren kann.
Die erste Stufe kam im Dezember 2010: Der RE 2 verbindet nun erstmals Düsseldorf und Münster direkt miteinander und liegt zudem in einer Fahrplanlage, in der eine Durchbindung mit dem RE 15 an die Nordsee in einigen Jahren möglich ist. Der RE 11 fährt im Stundentakt und auch am Wochenende, so dass sich zwischen Duisburg und Hamm in etwa ein Zwanzigminutentakt bildet.
Doch dem stehen auch heute schon Nachteile gegenüber: Etwa dass man zwischen Essen und Düsseldorf drei Züge in rund dreißig Minuten hat, bevor eine halbe Stunde Sendepause ist. Dass der RE 1 als erstes kommt, sorgt zudem dafür, dass Leute, die nach Köln fahren, sich den Zug mit Ruhrgebietspendlern teilen müssen.
Der Fahrgastverband Pro Bahn Ruhr hat ein ganzes Bündel an Alternativlösungen vorgelegt. Etwa RE 16 und RB 40 von Essen aus zu verlängern, eine andere Idee ist die Verlängerung der RB 50 von Dortmund aus über Gelsenkirchen nach Krefeld / Mönchengladbach oder Düsseldorf / Köln und einiges mehr.
Größtes Problem hierbei wird die Finanzierung des Betriebs sein. Im VRR sind diese Probleme nicht neu: Bereits die Verlängerung der S 4 über Dortmund-Lütgendortmund hinaus Richtung Wanne-Eickel ist daran gescheitert, dass kein Geld da war, den Fahrbetrieb zu bezahlen. Die Investitionsmittel lagen viele Jahre bereit. Bei der Verlängerung der S 28 über Mettmann hinaus nach Wuppertal-Vohwinkel sieht die Sache ähnlich aus. Bei dieser Thematik liegt also das größte Konfliktpotential zwischen Land, Bund und Aufgabenträgern begraben.
Darüber hinaus krankt das Konzept RRX an den völlig fehlenden Planungen für Verbesserungen auf der Wupperachse bzw. der Ost-West-Verbindung in Düsseldorf. So müssen sich zwischen Neuss und Mönchengladbach auch zukünftig RE 4, RE 13 und S 8 eine zweigleisige Strecke teilen und die Fernbahn zwischen Wuppertal-Vohwinkel und Düsseldorf ist weiterhin nur eingleisig.
Das derzeit vorhandene, wenig sprintstarke Rollmaterial auf dem RE 7 verhindert zudem, dass ohne Fahrzeitverzögerung Halte in Wuppertal-Vohwinkel und Köln-Mühlheim realisierbar sind. Letzterer ist, auch für den RRX, wegen der dortigen Anbindung an die Kölner Stadtbahn von besonderer Bedeutung. Viele Fahrgäste, die in den Kölner Norden pendeln, werden im Zweifel aufs Auto umsteigen als dass sie eine Odyssee über den Hauptbahnhof machen.
Auch die westliche Verlängerung der S 28 über den Kaarster See hinaus nach Viersen, mit dortigem Rundumanschluss, wird seit einiger Zeit nicht mehr diskutiert. Dabei gab es vor einigen Jahren sogar die Idee, die Linie einmal die Stunde nach Venlo fahren zu lassen. Im Gegenzug sollte der RE 13 zwischen Viersen und Venlo ohne Halt verkehren, so dass er den niederländischen InterCity noch erreichen könnte.
Insgesamt gibt es im nordrhein-westfälischen SPNV also einen gewaltigen Investitionsstau. Dieser wurde über Jahrzehnte verursacht durch das Missmanagement bei der Deutschen Bundesbahn und eine verfehlte Bahnpolitik. Es wird Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und anzufangen.
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