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SPNV-Branchentarif: Schlichterspruch steht

18.01.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

In den Verhandlungen über einen Branchentarifvertrag für den gesamten SPNV hat der frühere Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) seinen Schlichterspruch bekannt gegeben: Demnach sollen einheitliche Löhne bei allen EVU gezahlt werden. Bei Betreiberwechseln sollen Mitarbeiter der Altbetreiber ohne Lohneinbußen zum neuen Betreiber wechseln können. 

Der Branchentarifvertrag kann, wenn die zuständigen Gremien dem Schlichterspruch zustimmen, bereits zum 1. Februar in Kraft treten. Er soll dann verbindlich bei allen Wettbewerbsvergaben angewandt werden, für die nach dem 30. April des laufenden Jahres ein Angebot abgegeben wird. Bei vorher abgeschlossenen Verkehrsverträgen gelten die bisherigen Tarifvereinbarungen. Die Deutsche Bahn wird ihn zudem in allen Konzerngesellschaften anwenden, die sich derzeit für nicht tarifgebunden halten. Er entspricht annähernd dem Niveau der bestehenden DB-Tarifverträge. Die Unterschiede hält die Arbeitnehmerseite für vertretbar.

DB-Personalvorstand Ulrich Weber ist zufrieden: „Der vorgeschlagene Branchentarifvertrag ist ein bedeutsamer Schritt zu deutschlandweit einheitlichen Beschäftigungsbedingungen im Regionalverkehr. Flächentarifverträge haben eine hohe Akzeptanz, denn sie erfüllen eine wichtige Ordnungs- und Friedensfunktion. Damit ist die Branche ein Stück reifer geworden.“

Auch bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hält man das Ergebnis für positiv. Gewerkschaftschef Alexander Kirchner: „Wir haben in schwierigen Verhandlungen erreicht, was viele für unmöglich gehalten haben:der Wettbewerb bei Ausschreibungen wird nun nicht mehr auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen.“

„Die Zeiten, in denen versucht wurde, durch Lohndumping möglichst günstig anzubieten, um einen Auftrag zu bekommen, sind vorbei“, so Kirchner. Auch bräuchten die Mitarbeiter jetzt keine Sorge mehr zu haben, bei einem durch Streckenverlust bedingten Arbeitsplatzwechsel erhebliche finanzielle Verluste hinnehmen zu müssen.

Der Branchentarifvertrag gilt bei der Deutschen Bahn sowie bei den sechs großen Verkehrskonzernen Abellio, Arriva Deutschland, Benex, der Hessischen Landesbahn, Keolis und Veolia Verkehr. Auch dort ist man zufrieden. Behauptungen, „die Privatbahnen“ seien schlicht deshalb billiger, weil sie ihre Mitarbeiter zu vermeintlichen „Dumpinglöhnen“ einstellen, dürften damit der Vergangenheit angehören.

Ulrike Riedel, Arbeitsdirektorin bei Benex und Verhandlungsführerin: „„Mit der Einigung zu einem Branchentarifvertrag haben alle beteiligten Unternehmen des privaten Schienenpersonennahverkehrs gemeinsam einen schweren und langen Weg in kurzer Zeit gemeistert. Der Branchentarifvertrag SPNV spiegelt die positive Entwicklung der Branche im Wettbewerbsumfeld in den letzten 15 Jahren wieder.“

Ulrike Haber-Schilling, Arbeitsdirektorin bei Veolia Verkehr: „Es kommt nun auch darauf an, den Branchentarifvertrag über die beteiligten Unternehmen hinaus, verbindlich zu machen. Wir werden gemeinsam mit der Gewerkschaft und der DB den Aufgabenträgern empfehlen, den Branchentarifvertrag SPNV zur Grundlage für künftige Ausschreibungen zu machen und dadurch einen Mindeststandard für alle Unternehmen der Branche zu setzen.“

Mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ist allerdings noch keine Einigung zum Bundesrahmen-Lokomotivführertarifvertrag getroffen worden. Die GDL strebt an, den bei der Deutschen Bahn ausgehandelten eigenständigen Tarifvertrag für Triebfahrzeugführer auf die privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen im Nah- und Güterverkehr auszudehnen. Der mit der EVG ausgehandelte Branchentarivertrag hat für den Schienengüterverkehr keine Relevanz.

„Ein tatsächlich einheitliches Entgelt auf DB-Niveau wird der entscheidende Knackpunkt sein“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Nur dadurch gelingt es uns, das Entgeltniveau zu erhalten, nachdem bereits heute 90 Prozent aller Lokomotivführer bezahlt werden. Die Bundestarifkommission der GDL wird am 3. Februar 2011 den Verhandlungsstand bewerten und darüber entscheiden. Sollten die Angebote der Arbeitgeber nicht ausreichend sein, sind Arbeitskampfmaßnahmen nicht auszuschließen.“

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