S-Bahn Berlin: Verkehrswissenschaftler sieht keine kurzfristige Lösung
18.01.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg
Der Verkehrswissenschaftler Dietmar Weiß sieht für die Probleme der Berliner S-Bahn keine kurzfristige Lösung. Die seit 2009 vorhandenen Missstände seien nur in einem auf mehrere Jahre angelegten Plan zu beheben. Das sagte er in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Er forderte besser ausgestattete Werkstätten, mehr qualifiziertes Wartungspersonal, damit es ab 2017 besser wird.
Allerdings fordert er weiterhin eine effiziente Eisenbahn. Weiß: „Die massive Pkw-Motorisierung in der Bundesrepublik seit den 1970er-Jahren hat die Fahrgastzahlen bei Bussen und Bahnen stark zurückgehen lassen, und die Kostendefizite sind damals explodiert. Das hat zu den Wirtschaftlichkeitsoffensiven geführt – und vor allem den Blick auf die Personalkosten gerichtet.“
Mit „mehr Geld“ allein seien die Probleme nicht zu lösen. Im Zeitalter der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse müsse man die Probleme anders lösen. Zum Beispiel mit fahrerlosen Zügen, die man in den europäischen Schnellbahnnetzen ohne weiteres einsetzen könne. „Solange die Bahn ordnungsgemäß fährt, braucht der Fahrgast den Fahrer nicht.“ Es sei bedauerlich, dass die maßgeblich in Berlin entwickelten fahrerlosen U-Bahnen heute in Nürnberg unterwegs seien.
Mit einer Wettbewerbsvergabe könne man zudem weitere Kosten senken und damit Geld freisetzen, das zur Verbesserung des Betriebs eingesetzt werden könnte. Weiß: „Grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass Ausschreibungen im Verkehr zu neuen Konzepten und zu geringeren Kosten für den Ausschreibenden führen. Im Normalfall hat die Qualität des Betriebs nicht gelitten, von Ausnahmen abgesehen.“
Wenn man mehrere Betreiber auf dem S-Bahnnetz habe, könnte die Krise bei einem EVU, wie derzeit der S-Bahn Berlin, auch keine Auswirkungen auf das ganze Netz haben. Im Falle von Störungen könne man eine Best-Practice-Regelung anwenden. „Entweder kann man dann dem schlechteren Betreiber direkt helfen oder er übernimmt die bessere Organisation der überlegenen Konkurrenz. Insofern spricht vieles für Wettbewerb.“