Im Osten nichts neues
11.01.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg
Bahnchef Rüdiger Grube hat sich am gestrigen Montag (10. Januar) den Fragen des Berliner Verkehrsausschusses gestellt. Ergebnis: Nichts, was nicht schon bekannt ist, aber Berliner Lokalpolitiker konnten sich in dieser Vorwahlkampfphase schon einmal warmlaufen. Zumindest hätten sie es gekonnt, wenn sie nicht durch eine Mischung aus Desinteresse und Inkompetenz aufgefallen wären.
Ein konkreter Zeitplan, wann die Berliner S-Bahn, die bereits zwei Weltkriege und die deutsche Teilung überstanden hat, wieder zu ihrem Regelfahrplan zurückkehren kann, wurde dabei nicht vorgelegt. Auch neue Entschädigungsleistungen für die Fahrgäste wurden nicht genannt.
Und das ist für VBB-Chef Werner Franz besonders enttäuschend. „Wer sich Aufklärung und Antworten von Bahnchef Grube im Parlament erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht. Auch der oberste Dienstherr leistet in Bezug auf die S-Bahn den Offenbarungseid: Die Deutsche Bahn AG kann keine Perspektive aufzeigen, wann sie den vollen Betrieb der Berliner S-Bahn anbieten kann. Die S-Bahnkrise ist ein Desaster ohne Ende.“
Im Ausschuss verwies Bahnchef Grube auf konstruktionsbedingte Mängel der Baureihe 481. Diese Vorwürfe wies sowohl VBB-Chef Franz als auch der Hersteller Bombardier aufs schärfste zurück. Franz: „Eine Schuld der Industrie ist nicht von neutraler Stelle nachgewiesen und belastet den weltweit guten Ruf der Deutschen Fahrzeugindustrie in unverantwortlicher Weise.
Franz: „Die jetzt problematischen Fahrzeuge der Baureihe 481 wurden nach den Vorgaben der S-Bahn Berlin GmbH produziert, von ihr abgenommen und sind über viele Jahre solide gelaufen. Noch Ende 2005 schwärmte die S-Bahn Berlin GmbH von ihrem „qualitativ hochwertigen Fahrzeugtyp, der sich durch eine durchschnittlich 92-prozentige Verfügbarkeit auszeichnet.“ Wenn jetzt die Technik versagt, liegt das ursächlich in den von der S-Bahn eigenmächtig verlängerten Wartungsintervallen und der mangelhaften Instandhaltung mit dem Ziel der Kosteneinsparung – alle anderen Gründe scheinen vorgeschoben und Augenwischerei.“
Ähnlich äußerte sich auch Klaus Baur, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Bombardier Deutschland: „Die Probleme, die die Berliner derzeit mit dem eingeschränkten S-Bahn-Verkehr haben, sind sehr ärgerlich. Bombardier bietet seit langem seine fachliche Unterstützung bei der Untersuchung der technischen Themen an. Bislang sind wir nicht umfassend in diese Prozesse eingebunden worden. Hier liegt es am Eigentümer der Züge, der S-Bahn Berlin GmbH, die von Bombardier regelmäßig angebotene Unterstützung auch anzunehmen.“
Bombardier weist darauf hin, dass die Züge seit 1997 im Einsatz sind und dort über ein Jahrzehnt problemfrei gelaufen sind. 2007 wurde die Gewährleistung im gegenseitigen Einvernehmen beendet, seit ist Bombardier nicht mehr in die Wartung des Rollmaterials eingebunden. Konstruktive Fehler hätten in diesen zehn Jahren allerdings auffallen müssen.
Die Tatsache, dass die Deutsche Bahn in der seit mehreren Jahren andauernden Krise noch immer keine Lösung gefunden hat, ist aus Sicht des VBB inakzeptabel. Deshalb hat der Aufgabenträger gemeinsam mit dem Berliner Senat und der brandenburgischen Landesregierung einen Krisenstab eingerichtet, der jede Woche zusammentritt und von der Bahn konkrete Ergebnisse erwartet.
Als kurzfristige Lösung fordert Werner Franz, die Deutsche Bahn solle innerhalb Berlins ihre eigenwirtschaftlichen Fernverkehrszüge für Verbundfahrscheine freigeben. Darüber hinaus müsse die Fahrgastinformation nachhaltig verbessert werden, die heuer auch im dritten Winterchaos in Folge nicht funktioniert habe.