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VRR: Offener Streit um die Person Martin Husmann – und was dahinter steckt

07.12.10 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Martin Husmann, Geschäftsführer des VRRGestern abend überschlugen sich auf einmal die Meldungen: Um 17:56 hieß es, VRR-Geschäftsführer Martin Husmann sei mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit freigestellt worden, ja er habe sogar Hausverbot in Gelsenkirchen erhalten. Gut zwei Stunden später, um 19:58 ließ Husmanns Essener Rechtsanwalt Gregor Franßen mitteilen, dass diese Freistellung rechtswidrig sei und Husmann als Geschäftsführer weiterhin im Amt bleibe.

Was war passiert? Seit letzter Woche Donnerstag gab es im VRR zunehmend Streit um die für heute anstehende Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof. Es soll um die Frage gehen, ob die vom früheren Landesverkehrsminister Oliver Wittke (CDU) vermittelte Direktvergabe an die DB Regio NRW GmbH rechtmäßig ist oder nicht. Bahnkonkurrent Abellio hatte in allen bisherigen Instanzen erfolgreich Widerspruch eingelegt.

Nun sollen sich dem Vernehmen nach allerdings Deutsche Bahn und Abellio geeinigt haben. Abellio könnte bestimmte Linien als Subunternehmen der Bahn betreiben und würde dadurch möglicherweise sogar noch mehr Geld verdienen als wenn sie es in einem fairen Wettbewerbsverfahren gewonnen hätten. Einen entsprechenden Hinweis erhielt das Bundeskartellamt, das prompt mit Geldstrafen gedroht hat.

Am Freitag nun meldete das Handelsblatt, dass Abellio seinen Nachprüfungsantrag zurückgezogen habe. Im Laufe des Wochenendes folgten wilde Spekulationen, wonach der VRR gar in dubiose Geheimabsprachen involviert sein könnte. Was davon realistisch ist, kann man im Moment nicht beurteilen. Allerdings berichtet die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, dass Husmann es mehrfach abgelehnt habe, beim Bundesgerichtshof eine Vertagung zu beantragen. Deshalb soll auch VRR-Rechtsanwältin Ute Jasper gestern abend kurzfristig ihr Mandat verloren haben.

Am Montag folgten nun Schlag auf Schlag die Meldungen, dass Husmann freigestellt worden sei und dass er doch im Amt bleibe. Die Bezirksregierung Düsseldorf soll die Freistellung bereits für unwirksam erklärt haben. Wenn der VRR aber tatsächlich ohne seine langjährige Rechtsanwältin, die seit Jahren mit dem Fall zu tun hat, dafür aber mit einem stark beschädigten Martin Husmann vor den BGH zieht, dann wäre eine Vertagung wohl naheliegend.

Am 25. November hat die nordrhein-westfälische Landesregierung einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, dass das Allgemeine Eisenbahngesetz geändert werden soll. Die rot-grüne Minderheitsregierung will für Direktvergaben im Nahverkehr eine juristische Grundlage schaffen. Damit könnte man einer möglichen Entscheidung des Bundesgerichtshofes zuvorkommen. Doch dazu braucht man Zeit.

Der Antrag für den Bundesrat wurde, so schreibt das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel, vom Minsterialdirigenten Oliver Wolff im Landeswirtschafts- und Verkehrsministerium vorangetrieben. Dieser war auch an Martin Husmanns „Freistellung“ beteiligt. Wolff wird das Ministerium und somit auch den VRR jedoch im ersten Halbjahr 2011 verlassen. Er wird Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Größter Beitragszahler: Die Deutsche Bahn AG, die auch Hauptprofiteur einer solchen Gesetzesänderung wäre.

Und das ist vielleicht genau das, was einige Kräfte rund um Oliver Wolff im VRR erreichen wollten. Möglicherweise war der „Gruppe Wolff“ in den VRR-Gremien klar, dass Martin Husmann seinen Job innerhalb weniger Stunden wieder bekommen würde. Aber mutmaßlich haben sie ihre Vertagung vor dem Bundesgerichtshof und können eine Einigung zwischen der Deutschen Bahn und Abellio vorantreiben und gleichzeitig drauf hoffen, dass das AEG geändert wird. Wenn das Bundeskartellamt nicht doch noch ein Auge drauf hat, denn offensichtlich gibt es zumindest einen Whistleblower im VRR.

Bild: Verkehrsverbund Rhein-Ruhr

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