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Veolia unterstützt NRW-Bundesratsbegehren

20.12.10 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

Die deutsche Verkehrssparte des französischen Mischkonzerns Veolia unterstützt die Bundesratsinitiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Das Allgemeine Eisenbahngesetz soll geändert werden, so dass Direktvergaben im SPNV auch ohne Ausschreibung jederzeit möglich sein sollen. Hintergrund ist ein für den 8. Februar 2011 vorgesehenes Urteil des Bundesgerichtshofes – dem könnte vorgegriffen werden.

Im Veolia-Magazin „Nah dran“ wird gefordert, dass Aufgabenträger Direktvergaben strategisch so steuern sollten, dass damit Monopolsituationen verhindert werden. Veolia ist im VRR selbst sowohl über eine Direktvergabe als auch über Wettbewerbsgewinne aktiv: Die Regiobahn wird von Veolia betrieben, diese steht aktuell zu einer mehrjährigen Direktvergabe an. Dazu kommt die Nordwestbahn, Veolia ist hier größte Teilhaber, die zahlreiche Dieselleistungen im Verbundgebiet für sich in Ausschreibungen gewinnen können.

Sollte der Bundesgerichtshof den aktuellen Verkehrsvertrag zwischen DB und VRR für ungültig erklären, würde es große Probleme geben: DB Regio NRW wäre Großgläubiger des Aufgabenträgers, der zudem auch ein strukturelles Defizit hätte. Neben den dann notwendig werdenden zusätzlichen Landesgeldern wäre auch mit starken Angebotsausdünnungen zu rechnen. Das könnte dann vor allem Veolia treffen, die mit den Linien RB 36, RB 43 und vielleicht sogar RB 44 gleich mehrere Linien im Portfolio der Nordwestbahn hat, die stark bedroht wären.

Überhaupt ist es für die Privatbahnen im VRR ein zweischneidiges Schwert: Einerseits wollen sie ihre faire Chance haben, an die Fleischtöpfe zu kommen, andererseits wissen sie selbst, dass der VRR vor einem finanziellen Scherbenhaufen stehen dürfte, wenn der aktuelle Vertrag gekippt würde. Ein faktisch insolventer Aufgabenträger nutzt niemandem.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kreise und kreisfreien Städte, die im Zweifel einspringen müssten, vielfach selbst unter Nothaushalten agieren müssen, weil ihre finanzielle Lage mehr als desolat ist. In diesem Fall könnte sogar der kommunale ÖPNV größter Leidtragender sein – dem Vernehmen nach hat der VRR schon im Jahr 2009 nach juristischen Winkelzügen gesucht, um an das Geld der kommunalen Verkehrsunternehmen zu kommen. Zumal da im schlimmsten Fall das Geld gespart werden könnte.

Ob es eine „saubere Lösung“, einen „Königsweg“ gibt ist fraglich. Definitiv aber bleibt es spannend. Und realistisch betrachtet ist eine Entscheidung in Bundesrat und Bundestag vor dem 8. Februar eher unwahrscheinlich, zumal ja niemand weiß, wie das Abstimmverhalten der einzelnen Parteien aussähe. Sollte der Bundesgerichtshof ein Urteil fällen, wäre das in jedem Fall wegweisend für den SPNV der Zukunft.

Und dabei stellt sich schon die Frage, wie man es schaffen kann, unterschiedliche Vertragslaufzeiten bestimmter verbund- und länderüberschreitender Linien zu harmonisieren. Außerdem wird die Waggonbauindustrie Schwierigkeiten bekommen, wenn sie ihre Kapazitäten alle paar Jahre stark hoch- und dann wieder runterfahren muss.

Dazu kommen Aufgabenträger, die sich oft selbst innerhalb eines Bundeslandes nicht auf gemeinsame Ausschreibungen und Wettbewerbsvergaben einigen können. Die Initialzündung für das aktuelle Verfahren hat Abellio gegeben, eine Tochtergesellschaft der niederländischen Staatseisenbahn. Dort war man aber auch deshalb so verärgert, weil die Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen 2008 einen Ausschreibungsfahrplan angekündigt haben, von dem schon früh klar war, dass er nicht einhaltbar sein würde. Verlässlichkeit ist was anderes.

Dabei war eine Einigung bereits zum Greifen nah: Die DB hätte Abellio als Subunternehmen beauftragt, von Dezember 2012 an die Linien S5 und S8 zu betreiben. Also genau die beiden Hagener S-Bahnlinien. Dort unterhält das Unternehmen seine Hauptwerkstatt. Im Gegenzug wäre der Einspruch zurückgezogen worden. Die DB hätte die für S6 und S68 bestellten ET 430 stornieren können, man hätte die auf S5 und S8 frei werdenden ET 422 genutzt und Abellio wäre mit 96 Zentimeter hohen Stadler FLIRTs gefahren.

Ein Whistleblower hat das Kartellamt eingeschaltet, welches umgehend mit einer Geldbuße drohte. So werden die Möglichkeiten, eine außergerichtliche Einigung zu finden kleiner und kleiner. Und die Zeit läuft den Beteiligten davon. Nach dem Jahreswechsel geht es ganz schnell und dann ist der Februar da.

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