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Regio S-Bahn Bremen / Niedersachsen geht an den Start

13.12.10 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

Nach mehreren Jahren Vorlauf war es gestern endlich soweit: Die Regio S-Bahn Bremen / Niedersachsen ging an den Start. Zum ersten mal überhaupt geht ein ganzes S-Bahnnetz in Deutschland an ein privates Bahnunternehmen: Die in Osnabrück beheimatete Nordwestbahn konnte sich in einer EU-weiten Ausschreibung durchsetzen. Die Linien werden mit modernen Triebzügen vom Typ Coradia Continental des Herstellers Alstom gefahren.

Zum Start kam auch Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) – und zwar mit der S-Bahn. Schließlich will der Landesvater nicht wie der Blinde von der Farbe reden. McAllister: „Der Anfang ist geglückt. Heute ist ein guter Tag für den Schienenpersonennahverkehr in Niedersachsen und Bremen. Die NWB setzt ihre Erfolgsgeschichte in der Region fort.“

Auch der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) freut sich über den geglückten Start: „Mit der Regio-S-Bahn rückt die Metropolregion, die die Städte Bremen, Oldenburg und Bremerhaven umfasst, noch enger zusammen.“ „Von einem attraktiven Nahverkehrsangebot profitieren nicht nur die Fahrgäste, sondern auch das Land Bremen und die Nordwestregion.“

Die Nordwestbahn hat sich schon bei der Ausschreibung verpflichtet, ihre Mitarbeiter nach geltenden Tariflöhnen zu bezahlen. Deshalb hatte die Deutsche Bahn die Vergabe nachträglich anzufechten versucht. Sie argumentierte, dass ihr tarifgerechte Entlohnung der Mitarbeiter nicht zuzumuten sei. Die Richter am Oberlandesgericht Celle legten ihr jedoch nahe, den Einspruch zurückzuziehen.

Als Dank für die Tariftreue wurde die Nordwestbahn von Mobifair, einem der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) nahestehenden Verein, mit einem Sozialzertifikat geehrt. Mobifair-Geschäftsführer Karl-Heinz Zimmermann lobte das Unternehmen ausdrücklich nicht nur für seine fairen Löhne, sondern auch für die guten Arbeitsbedingungen und hohe Sozialstandards. Durch die Ausschreibung ist der Betrieb auf ein wirtschaftlich solides Fundament gestellt worden – allerdings nicht auf Kosten der Mitarbeiter.

Eine besondere Problematik ist dabei allerdings die Barrierefreiheit der Züge. Das fängt damit an, dass zahlreiche Bahnsteige weitaus niedriger sind als die 76 Zentimeter Einstiegshöhe, die die Züge vorgeben. Dabei wären niedrigere S-Bahnen keine Alternative gewesen, um auch in den Bremer Bahnhöfen barrierefrei zu bleiben – dort sind 76 Zentimeter über Schienenoberkante nämlich Standard.

Die Züge sind nach modernen Standards zur Behindertengerechtigkeit zugelassen. Und da sind die Ansprüche nicht immer widerspruchsfrei: So braucht ein Rollstuhlfahrer möglichst viel Platz im Mehrzweckabteil, während sich ein Mensch mit Wahrnehmungs- oder Gleichgewichtsstörungen von Haltestange zu Haltestange „hangeln“ muss. Es ist also schwierig, hier einen Kompromiss zu finden.

Das größte Problem ist nach wie vor die nicht barrierefreie Erreichbarkeit von Bahnsteigen und Zügen. Für die Infrastruktur der Bahnhöfe sind die Deutsche Bahn und die öffentliche Hand zuständig. Die Nordwestbahn kann hier nichts weiter machen als immer wieder das Gespräch mit DB, Aufgabenträgern und Politik zu suchen.?

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