VRR: Zeitplan für neues RE-Konzept
19.09.10 (Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld
Obwohl der neue Verkehrsvertrag zwischen DB Regio und dem VRR bereits von zwei übergeordneten Stellen als rechtswidrig angesehen wird, laufen die Vorbereitungen zur Umsetzung auf Hochtouren. Es soll zwischen Dezember 2010 und Dezember 2011 sukzessive eingeführt werden. Die Trassenanmeldung ist im April durch die DB Regio in Absprache mit dem VRR erfolgt, im August wurde sie von DB Netz bestätigt.
Konkret sind im RE-Konzept folgende Einzelmaßnahmen vorgesehen:
RE 1 (NRW-Express): Zwischen März und August 2011 wird der RE 1 sukzessive um einen weiteren auf dann sechs Doppelstockwaggons erweitert. Er außerdem soll über seinen jetzigen östlichen Endpunkt Hamm (Westf.) hinaus über die Mitte-Deutschland-Verbindung nach Paderborn verlängert werden. Im Gegenzug fällt dieser Ast des RE 11 (Rhein-Hellweg-Express) weg. Die Verlängerung erfolgt ab Dezember 2010. Jede zweite Stunde wird der RE 1 wie gewohnt in Hamm (Westf.) enden. Es ist aber davon auszugehen, dass alsbald der Stundentakt nach Paderborn folgen wird. Der damalige Landesverkehrsminister Oliver Wittke (CDU) hat der DB zugesagt, eine solche Taktverdichtung zu bestellen, wenn der InterCity auf der Mitte-Deutschland-Verbindung wegfallen würde. Natürlich ohne jeden Wirkungszusammenhang hat die DB Fernverkehr für die nahe Zukunft angekündigt, dort nur noch drei Zugpaare am Tag fahren zu lassen. Die Finanzierung dieser zusätzlichen Leistungen ist allerdings unklar. Ob das Land zusätzliches Geld bereitstellen wird oder ob es durch Abbestellungen in der Fläche kompensiert werden muss, ist noch nicht bekannt.
RE 2 (Rhein-Haard-Express): Der RE 2 soll von Münster aus um eine halbe Stunde versetzt werden. Ab Duisburg wird er nicht mehr nach Mönchengladbach, sondern nach Düsseldorf fahren um so eine Direktverbindung zwischen Münster und der Landeshauptstadt Düsseldorf zu realisieren. Münster wird auch direkt an den Rhein-Ruhr-Flughafen Düsseldorf angebunden. Der RE 2 soll zum Fahrplanwechsel um einen weiteren auf dann fünf Doppelstockwaggons erweitert werden. Durch die Versetzung um eine halbe Stunde wäre mittelfristig eine Durchbindung mit dem RE 15 von Münster an die Nordsee möglich. Hier sind VRR, ZVM und die LNVG aus Niedersachsen gefragt, Konzepte zu erarbeiten, insbesondere wenn die Trierer Nordsee-InterCity wegfallen. Auf der Emslandstrecke ist es heute schon der Regionalexpress, der den Taktverkehr sicherstellt. Eine solche Durchbindung könnte auch weiterhin gewährleisten, dass es aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet Direktzüge an die Nordsee gibt.
RE 5 (Rhein-Express): Der RE 5 wird zwischen August und November 2011 sukzessive um einen weiteren auf dann sechs Doppelstockwaggons erweitert. Er ist heute die einzige Regionalzugverbindung aus dem (westlichen) Ruhrgebiet in die Bundesstadt Bonn und weiter nach Koblenz. An seiner Fahrplanlage und seinem Laufweg wird sich nichts ändern.
RE 11 (Rhein-Hellweg-Express): Der Ast zwischen Hamm (Westf.) und Paderborn wird wegfallen und vom RE 1 übernommen. Von Duisburg aus fährt die Linie nicht mehr nach Düsseldorf, sondern nach Mönchengladbach. Dadurch soll eine neue Direktverbindung vom linken Niederrhein ins mittlere Ruhrgebiet realisiert werden. Als Rollmaterial werden überarbeitete ET 425 in Doppeltraktion eingesetzt. Diese werden momentan umgebaut und erhalten komfortablere Sitze. Der RE 11 wird im Stundentakt fahren.
Auf der Ruhrachse zwischen Duisburg und Dortmund wird so durch RE 1, RE 6 und RE 11 ein angenäherter durchgehender Zwanzigminutentakt eingeführt. Die Änderungen treten zum Fahrplanwechsel im Dezember 2010 in Kraft. Für die zusätzlichen Waggons müssen die vorhandenen Lokomotiven der Baureihe 146.0 in ihrer Antriebsleistung gesteigert werden. Dazu soll die Motorisierung bei Bombardier in Hennigsdorf, wie bei den Nachfolgebaureihen 146.1 und 146.2, von 4,2 Megawatt auf 5,6 Megawatt erhöht werden. Schon bei fünf Wagen zeigt sich momentan, dass die Fahrpläne nur schwer zu halten sind und gerade im oberen Geschwindigkeitsbereich bricht das Anzugsmoment der 146.0 sehr stark ein. Der Umbau soll dieses Problem beseitigen.
Die Fahrplanänderungen im S-Bahnnetz wurden bereits im Dezember 2009 durchgeführt. Die S 7 wurde gestrichen, dafür wurde die S 1 über ihren bisherigen Endpunkt Düsseldorf Hauptbahnhof hinaus nach Solingen Hauptbahnhof verlängert. Die S 11 fährt über Düsseldorf-Wehrhahn hinaus in den unterirdischen Bahnhof Düsseldorf Flughafen Terminal. Dadurch wurde der S-Bahnknoten Düsseldorf Hbf entzerrt, der bis dahin einer der größten Verspätungsherde im S-Bahnnetz am Niederrhein war. Die Wendeanlage der (alten) S 1 befindet sich zwischen den Gleisen Richtung Düsseldorf-Friedrichstadt, die von den Linien S 8, S 11 und S 28 genutzt werden. Nun sind Fahrstraßenkonflikte unwahrscheinlicher geworden.
Auf der anderen Seite hat man dafür eine extrem lange Linie gekriegt, die sowohl in Dortmund als auch in Solingen nur eine sehr kurze Wendezeit hat. Auch die S 7 nach Solingen war schon sehr unzuverlässig und musste oft schon in Hilden auf die Rückleistung wenden. Dieses Problem besteht weiter und schadet der Stellung der Eisenbahn im Wettbewerb der Verkehrsträger, da die S-Bahn zwischen Solingen und Düsseldorf auch heute noch einfach nicht zuverlässig genug ist.
Alle S-Bahnlinien im VRR, mit Ausnahme der S 11, sollen neue Fahrzeuge erhalten. Dafür sind die 84 ET 422 vorgesehen und 32 weitere ET 430. Die sollen insbesondere die Linie S 6 zwischen Essen und Köln bedienen. Altlokomotiven der Baureihe 143 und x-Wagen sollen dann der Vergangenheit angehören. Auch auf der Verstärkerlinie S 68, die ausschließlich zur Hauptverkehrszeit zwischen Langenfeld (Rhein) und Wuppertal-Vohwinkel fährt.
Dennoch schwebt das große Damoklesschwert über der Umsetzung, nämlich die Frage, ob der Vertrag überhaupt rechtmäßig ist. Die Vergabekammer der Bezirksregierung Münster hat den Vertrag in ihrer Eigenschaft als die den VRR beaufsichtigende Behörde wegen Rechtswidrigkeit einkassiert. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wurde der Einspruch verhandelt, die Richter halten den Vertrag ebenfalls für rechtswidrig. Allerdings hat das Oberlandesgericht Brandenburg im Jahr 2003 in einem ähnlichen Fall anders geurteilt, so dass nun der Bundesgerichtshof eine Bewertung abgeben muss.
Dem wollen die Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zuvorkommen: Sie planen eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat zu bringen, die Direktvergaben ausdrücklich erlauben soll. Ob es soweit kommt ist aber unwahrscheinlich, zumal einem solchen Gesetz noch immer die EU-Regelungen entgegenstehen würden. Man darf also gespannt sein, was passieren wird, wenn die Vereinbarungen endgültig nicht mehr gelten sollten.