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Stuttgart 21 – Kommentar: Ist der Rückbau des Kopfbahnhofs und der Gleisanlagen ohne weiteres möglich?

09.09.10 (Allgemein) Autor:Max Yang

Die Umsetzung von Stuttgart 21 ist zumindest von Seiten der Politik und Bahn beschlossene Sache, ungeachtet der laufenden massiven Proteste aus der Bevölkerung. Auch die ersten Bauarbeiten dazu laufen bereits. Dabei ist auch vorgesehen, den Kopfbahnhof sowie die Gleisanlagen an der Oberfläche abzureißen und die freiwerdenden Flächen zu Immobilienzwecken zu vermarkten. Doch ist dies so einfach möglich?

Damit eine Gleisanlage stillgelegt werden kann, muss sie gemäß §11 AEG (Allgemeines Eisenbahngesetz) zuvor für eine Übernahme interessierender anderer EIU (Eisenbahninfrastrukturunternehmen) ausgeschrieben werden, und zwar für eine Dauer von mind. drei Monaten. Bei einer Gleislage in bester Innenstadtlage wäre durchaus damit zu rechnen, dass es das eine oder andere interessierende EIU gibt, das sich für das Stück interessieren würde. Und wenn das neue EIU dann noch mit einer „weiteren Erreichbarkeit auch für Dieselzüge“ werben könnte oder andere Mankos, die mit Stuttgart 21 nicht mehr gehen würden, gäbe das auch gleich noch Pluspunkte für interessierte EVU (Eisenbahnverkehsunternehmen). §11 (1) AEG besagt, dass der Stillegungsparagraph zur Anwendung käme, wenn es um die Einstellung des Betriebs auf einer Strecke, eines für die Betriebsabwicklung wichtigen Bahnhofes oder die mehr als geringfügige Verringerung der Kapazität einer Strecke handelt.

Aber selbst wenn sich kein EIU melden sollte und die Stillegung vollzogen werden würde, muss die Fläche anschließend noch nach §23 AEG von Eisenbahnbetriebszwecken freigestellt werden (früher nannte sich das auch „Entwidmen“). Dabei werden strengere Maßstäbe gesetzt als bei einer bloßen Stillegung nach §11 AEG. So darf hier nach §23 (1) AEG kein Verkehrsbedürfnis mehr bestehen und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten sein.

Auch die Tatsache, dass viele Flächen bereits der Stadt Stuttgart gehören, wäre kein Betriebshindernis. Gemeinden können durchaus in Besitz der Grundfläche sein, während der Betreiber der Gleise ein anderes EIU wäre. Ein Beispiel liegt bei der Wiehltalbahn, wo der Grund und Boden der Strecke den jeweiligen Gemeinden gehören, aber das EIU für den Schotter und die Gleise die Rhein-Sieg-Eisenbahn ist. Mehrfach wurde hier gerichtlich auch bestätigt, dass die Eisenbahn fahren könne. So kann der Eisenbahnbetrieb mit dem AEG im Rücken weiterhin gegen den Willen der Gemeinden – also der Grundeigentümer der Eisenbahnflächen – geschehen.

Es würde also schon genügen, wenn sich ein privater Fernzugbetreiber einmal täglich oder ein Museumsbahnbetreiber einmal wöchentlich eine Trasse verbindlich anmelden würde.

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