Weniger ICx und spätere Auslieferung?
07.06.10 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg
Wie die Financial Times Deutschland berichtet, soll sich die Auftragsvergabe der neuen DB-Fernzüge mit dem Arbeitstitel ICx verzögern. Das im März von Bahnchef Grube ausgegebene Ziel, am 16. Juni die Verträge zu unterschreiben, sei kaum noch einzuhalten. Auf einmal ist von August die Rede.
Nachdem Alstom zuvor ein (zumindest aus Sicht der Bahnverantwortlichen) unseriöses Angebot abgegeben haben soll und Hitachi-Zosen gar nicht interessiert war, blieb nur noch Siemens – die gemeinsam mit Bombardier antreten. Und nun stocken die Verhandlungen. Für einen Zug mit 700 Sitzplätzen will die DB nicht mehr als 30.000 Euro pro Sitzplatz bezahlen – Siemens will aber 35.000 Euro haben. Entsprechend würde sich der Gesamtauftragswert in Höhe von etwa sechs Milliarden Euro um eine weitere Milliarde verteuern. Oder die DBAG ordert entsprechend weniger Züge.
Das wiederum würde bedeuten, daß noch mehr Fernverkehrsverbindungen entfielen. Es ist aufgrund der Anzahl der bestellten Züge ohnehin davon auszugehen, daß ein nicht geringer Teil des heutigen InterCity-Netzes wegfallen wird. Viele Verbindungen lassen sich nur deshalb einigermaßen rentabel betreiben, weil die Deutsche Bahn AG einen großen Teil des dort eingesetzten Rollmaterials von der Deutschen Bundesbahn geerbt hat.
Es ist daher auch eine Fehlinformation, wenn behauptet wird, der InterCity sei heute keine subventionierte Zuggattung. Selbstverständlich ist er das, denn mit Ausnahme der 101er-Lokomotiven und einzelner Steuerwagen kommen dort Fahrzeuge zum Einsatz, die der Deutschen Bahn AG bei ihrer Gründung geschenkt worden sind. Die Refinanzierung erfolgt durch das Bundeseisenbahnvermögen, das die Schulden der Deutschen Bundesbahn übernommen hat.
Die neuen Züge muß die DBAG selbst anschaffen, entsprechend steigt die Wirtschaftlichkeitsgrenze für viele Verbindungen. Es ist daher davon auszugehen, daß einiges eingestellt wird. Der InterCity wird in seiner jetzigen Form dem InterRegio in die ewige Eisenbahngeschichte folgen. Dabei ist es durchaus möglich, daß die DBAG die ICx-Fahrzeuge mit unterschiedlichen Aufklebern und zu zwei verschiedenen Tarifen durch die Gegend fahren lassen wird. Alternativ könnte die Marketingabteilung auch die „Vorteile eines einheitlichen Fernverkehrstarifes“ bewerben. Diese Entscheidung wird sicher erst kurzfristig fallen. InterCity-Leistungen wie die von Münster an die Nordsee wird es aber kaum noch geben. Auch Züge, die im Moment mit Dieselloks bespannt werden, wird man dann nicht mehr sehen.
Das ist keine Schwarzmalerei, sondern dem liegen simple wirtschaftliche Überlegungen zugrunde. Privat angeschaffte Fernzüge müssen nunmal so gut wie ständig mit hoher Auslastung im Einsatz sein, um rentabel fahren zu können. Sollten sich die Anschaffungspreise weiter verteuern, ist davon auszugehen, daß das heute noch vorhandene InterCity-Netz noch weiter ausgedünnt wird, als es ohnehin schon geplant ist.
Bilder: Deutsche Bahn AG