Transnet-Kirchner gegen Dividende
09.06.10 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg
Alexander Kirchner, Bundesvorsitzender der Eisenbahnergewerkschaft Transnet und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, hat sich in der Tageszeitung Die Welt gegen eine Dividende an den Bund ausgesprochen. „Klar ist, daß die Eigentümer einer AG grundsätzlich das Recht auf eine Rendite auf ihr eingesetztes Kapital haben. Aber wie im Fall der Bahn eine Dividende abzuschöpfen, um damit Steuerlöcher zu stopfen, das kann ich nicht mittragen.“
Am Montag hat die Regierungskoalition beschlossen, von der bundeseigenen Deutschen Bahn AG ab 2011 eine jährliche Dividende von 500 Millionen Euro einzufordern. „Wieviel die Bahn in dieser Zeit tatsächlich verdient, interessiert offenbar niemanden in dieser Koalition.“ Kirchner ist Mitglied der Oppositionspartei SPD.
Kirchner kritisiert: „Das System Schiene der Bundesrepublik ist dramatisch unterfinanziert. Für das Schienennetz stehen pro Jahr 2,5 Mrd. zur Verfügung, nötig wären fünf Milliarden., um die Infrastruktur für den derzeitigen und kommenden Bedarf auszubauen. Angesichts dieser Rahmenbedingungen weiter Geld aus der Bahn zu ziehen, ist ein schwerer Fehler.“ „“Es ist dringend nötig, die überalteten ICs durch eine neue Flotte zu ersetzen. Der bereits ausgeschriebene Auftrag hat ein Volumen von bis zu sechs Mrd. Euro. Wo soll das Geld herkommen, wenn die Bahn jährlich eine halbe Mrd. Euro Dividende an den Staat zahlen soll?“
Der Transnet-Chef verschweigt allerdings, daß die von vielen Seiten kritisierte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die genau 2,5 Milliarden Euro vorsieht, von seinem Genossen, dem damaligen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee abgeschlossen worden ist. Dieser wollte die DB ML AG auch an die Börse bringen – bis die Finanz- und Wirtschaftskrise im Herbst 2008 kam. Dividendenausschüttungen müssen also in der mittelfristigen Finanzplanung des Konzerns ohnehin vorhanden gewesen sein – denn Privataktionäre wollen Rendite sehen, wenn sie investieren.
Überhaupt sieht der Gewerkschaftsfunktionär Investitionen als bedroht an: „Wenn weniger Geld da ist, kann weniger in Bauprojekte beim Netz und andere Maßnahmen wie die Bahnhofssanierung investiert werden.“ Investitionen in Neu- und Ausbaustrecken werden ohnehin vom Bund und nicht von der Bahn finanziert. In Nordrhein-Westfalen läuft derzeit die Modernisierungsoffensive 2 für Bahnhöfe und Haltepunkte, finanziert von Bund und Land. In Zukunft könnten solche Infrastrukturmaßnahmen aus den ausgeschütteten Dividenden bezahlt werden.
Alexander Kirchner übernahm das Amt von seinem Kurzzeit-Vorgänger Lothar Krauß im November 2008, der erst ein halbes Jahr zuvor die Nachfolge von Norbert Hansen angetreten hat. Hansen leitete die Gewerkschaft seit 1999. Unter seiner Führung war Transnet die einzige DGB-Gewerkschaft und einzige Eisenbahnergewerkschaft der Welt, die die Privatisierung der Eisenbahn politisch unterstützt hat. Im Mai 2008 wechselte der Sozialdemokrat in den Vorstand der Deutschen Bahn AG.
Bild oben links: Transnet
Bild mitte rechts: Deutsche Bahn AG