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SZ: Nahverkehr zu ineffizient

12.05.10 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Eine Analyse des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen ergab, daß im deutschen SPNV viel zu häufig „mit einem überdurchschnittlichen Aufwand ein unterdurchschnittliches Ergebnis“ erzielt werde. Das berichtet die Sueddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 12. Mai 2010. Es heißt, daß gemessen am Aufwand rund 20% mehr Fahrgastpotential vorhanden sei , das aufgrund eines zu ineffizienten Mitteleinsatzes nicht abgerufen werde. Man sehe daher die Notwendigkeit, das Budget anders auf die Länder zu verteilen. Der aktuelle Verteilerschlüssel wurde 1994 anhand des damaligen Fahrplanangebotes ausgearbeitet und ist seitdem konstant geblieben, obwohl sich sowohl Angebot als auch Nachfrage verändert haben. Der Bund solle nur noch ein Grundangebot im Nahverkehr finanzieren und einen Teil des Budgets dahin leiten „wo die Verkehrsnachfrage am größten und die Mittelverwendung am effizientesten“ ist, wird Holger Krawinkel zitiert, der Autor der Analyse. „Es ist erstaunlich, wie lange es schon an Transparenz und Anreizen fehlt, um diese offenkundige Fehlsteuerung beim Einsatz öffentlicher Mittel abzustellen.“

Dazu werden zwei weitere wichtige Punkte genannt, die zwar für Fachleute nicht neu sind, wohl aber immer wieder erwähnt werden müssen. Da wäre zum einen die in vielen Ländern fatale Direktvergabepolitik. Das Erbringen von Zugleistungen im SPNV ist ein öffentlicher Auftrag, wie auch das Bauen eines Schwimmbades oder einer Schule. Trotzdem ist es nach wie vor keine Seltenheit, daß SPNV-Aufträge wegen undurchsichtiger Direktvergaben zu teuer sind. „In diesem Fall nutzen die Verkehrsanbieter womöglich aus, daß das Land dank der Regionalisierungsmittel eine erhöhte Zahlungsbereitschaft aufweist.“ Das System der Regionalisierungsgelder sieht keine Bonus-Malus-Regelungen vor. Aufgabenträger, die schlecht wirtschaften, müssen keine Sanktionen durch Bund oder Land befürchten. Das Gegenteil ist der Fall: Dort wo durch Ausschreibungen wirtschaftlich sinnvoll gearbeitet worden ist, ist es möglich, daß man durch Umverteilung der Budgets notleidende Aufgabenträger unterstützen muß, die durch Direktvergaben in finanzielle Engpässe geraten sind. Darüber hinaus, so zitiert die SZ die Analyse der Verbraucherzentralen, müsse man mit Rückforderungen des Bundes für nicht ausgegebene Regionalisierungsgelder rechnen.

Die Studie nennt auch noch ein weiteres strukturelles Problem des SPNV, nämlich die überproportional steigende und heute schon unangemessen hohe Belastung durch Infrastrukturentgelte. Auch hier, so Krawinkel, könnte das Motiv hinterstecken, verstärkt Regionalisierungsgelder abzuschöpfen. Wenn man auch Aufträge in Form von Zugleistungen verliert, so gelingt es der Bahn doch, immer höhere Anteile am Budget in Form von Trassen- und Stationsgebühren abzuschöpfen. Das Stationspreissystem ist von der Bundesnetzagentur bereits als rechtswidrig eingestuft worden.

Es gibt also neben einer zu starren Mittelvergabe zu hohe Kosten im SPNV, die man senken muß, damit mehr Geld zur Verfügung steht. Unter den gegebenen Umständen hat es wenig Zweck, die Regionalisierungsgelder einfach so zu erhöhen. Hier stünde zu befürchten, daß noch mehr Geld aus abgeschöpften Monopolgewinnen aus dem Etat verloren gehen würde. Mehr Geld für die Schiene bedeutet nicht zwingend, daß aus den öffentlichen Haushalten mehr ausgegeben werden muß, andersrum bedeuten höhere Ausgaben in den öffentlichen Haushalten für die Schiene nicht zwingend, daß mehr Geld im Verkehrsträger Eisenbahn ankommt.

Bild oben links: Thomas Wolf, Lizenz: CC-by-SA 3.0
Bild mitte rechts: Michael Heimerl, Lizenz: CC-by-SA 3.0

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