Studie der Verbraucherzentrale wurde kontrovers aufgenommen
14.05.10 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Studie des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen wurde von der Fachwelt kontrovers aufgenommen. Sie besagt, daß der SPNV in einzelnen Bundesländern nicht effizient genug organisiert werde und fordert eine Verteilung nach dem Bonus-Malus-Prinzip oberhalb eines Sockelbetrages. Außerdem fordert sie eine stärkere Regulierung des Schienennetzes. Die Eisenbahnergewerkschaft Transnet kritisiert, daß die Schlußfolgerungen übers Ziel hinausgehen. „Der Bund würde das Grundangebot dazu nutzen, die Regionalisierungsmittel radikal zu kürzen. Das kann nicht im Interesse der Fahrgäste sein, denn eine Ausdünnung des Zugverkehrs wäre die Folge.“ Mit der Verteilung nach „Effizienzgraden“ „werden Ballungszentren stärker gefördert, das Land wird abgekoppelt.“
Ins selbe Horn stößt auch der Verkehrsclub Deutschland. Man hält es zwar für „durchaus richtig, staatliche Gelder stärker nach dem Erfolg am Fahrgastmarkt und der Angebotsqualität zu verteilen“ und fordert „ Bundesländer die ihre Mittel effizient einsetzen, Taktfahrpläne umsetzen, Strecken reaktivieren und so viele Fahrgäste gewinnen“ zu belohnen. Aber, so VCD-Chef Michael Gehrmann, „gesicherte Bundesmittel haben dazu beigetragen, daß es ein deutschlandweites attraktives Angebot im Nahverkehr gibt und die Fahrgastzahlen in diesem Bereich steigen stetig. Dieser Trend muß aus umwelt-, gesundheits- und sozialpolitischen Gründen gesichert und gestärkt werden. Doch wenn die Regionalisierungsmittel, wie vom VZBV gefordert, dort konzentriert würden, wo die Verkehrsnachfrage am höchsten und die Mittelverwendung am effizientesten ist, bedeutet das, weite Landstriche in Deutschland vom Schienenverkehr abzuhängen. Bundesmittel würden dann nur noch in Ballungsgebiete fließen. Tatsächlich kritisiert auch die Studie selbst, daß es zu wenig Parameter gebe, an denen die Effizienz des SPNV festzumachen sei. Hier heißt es: „Als Maßstab der Effizienz wird der Aufwand für die eingekauften Zugkilometer herangezogen. Auch hier gilt die Einschränkung, dass in einem nächsten Schritt eine differenzierte Betrachtung erforderlich ist, die aber wegen der unzureichenden Datengrundlage heute nicht möglich ist. Zudem kann es aufgrund unterschiedlicher Zuordnungen von Stadtbahnverkehren zu Abweichungen kommen. “
Deutliche Worte fand der thüringische Verkehrsminister Christian Carius (CDU). Im MDR-Inforadio bezeichnete er die Studie als „unseriös“ und warf Autor Holger Krawinkel vor, er habe den Sinn hinter der Verteilung der Regionalisierungsgelder nicht verstanden. Sein bayrischer Amtskollege Martin Zeil (FDP) sieht das anders. „Durch eine konsequente Wettbewerbspolitik, das heißt die Ausschreibung aller Verkehrsleistungen, konnten wir in den letzten Jahren die Attraktivität des Schienenpersonennahverkehrs stetig steigern. Im Interesse der Fahrgäste müssen wir in Zukunft den Wettbewerb auf der Schiene weiter fördern.“ Wie auch Krawinkels Studie kritisiert er damit die Direktvergabepolitik an anderen Orten. Gleichzeitig warnt aber er davor, die Regionalisierungsgelder zu senken. „Im Interesse der Umwelt, der Lebensqualität (…) und um eine nachhaltige Mobilität für alle Menschen auch in Zukunft zu sichern, benötigen die Länder ausreichende finanzielle Mittel und langfristige Planungssicherheit. Ein Teil der Regionalisierungsmittel ist auch für Investitionen vorgesehen. Ohne diese Mittel sind Erweiterungen der vielfach zu knappen Infrastruktur oder Fortschritte beim barrierefreien Ausbau nicht möglich.“
Karl-Peter Naumann, der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn und Vorstandsmitglied der Allianz pro Schiene warnt vor einer Schwarz-Weiß-Malerei. Die Verbraucherinteressen seien nicht mit simpler Ausgabenminimierung gleichzusetzen. Er forderte „eine Matrix aus Umwelt- Sozial- und Qualitätsstandards.“ Er warnte die Politik davor, diese Studie als „bequemes Falltor“ zur Haushaltssanierung zu betrachten. „Die Regionalisierungsmittel bleiben ein wesentlicher Bestandteil der Daseinsfürsorge.“
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